Jesuitenkirche in Luzern

Worte für die MittWortsMusik

Luzern, Jesuitenkirche, 20. Mai 2015

1. Wort

Liebe Mitfeiernde

Musik und Worte sollen sich heute am Gedenktag des Bernhardin von Siena miteinander verbinden. Gregorianische Gesänge, wie wir sie schon gehört haben, bestehen aus Worten und Musik. Muss ich da wirklich noch etwas sagen? Gut, das vorgetragene Latein werden wohl die wenigsten von uns verstehen und übersetzen können. Darum wage ich einige Worte in Hochdeutsch – gesprochen und nicht gesungen.

Die franziskanische Liturgie in dieser Woche ist sehr vielfältig und stellt einige nachahmenswerte Menschen in den Mittelpunkt. Am Montag feierten wir Kapuziner das Fest von Felix von Cantalice, am Dienstag die Gedenktage von Maria Bernarda Bütler von Auw sowie den Crispin von Viterbo und heute Mittwoch den Bernhardin von Siena.

Bei der Würdigung franziskanischer Heiliger ist zumeist der Start sehr einfach:

  1. Der Heilige oder die Heilige ist vor allem sehr gottverbunden – traditionell wird dies mit fromm ausgedrückt.
  2. Der oder die Heilige ist volksnah – bei Kapuziner-Laien-Brüder ist dies sogar zu betonen. Als Bettler waren sie auf der Strasse und in den Familien bei den Menschen unterwegs.
  3. Je franziskanischer der oder die Heilige, desto mehr ist er oder sie bei den Armen und Ausgestossenen gegenwärtig. Das meint nicht nur solidarisch, sondern präsent vor Ort und selber auch arm und minder; eben eine mindere Schwester oder ein minderer Bruder, wie die korrekte Ordensbezeichnung mit „Ordo fratrum minorum“ vorgibt.

Wir rekapitulieren: Ein franziskanischer Mensch ist

  1. gottverbunden –
  2. bei den Menschen –
  3. besonders bei den Armen und Ausgestossenen.

Was franziskanische Heilige unterscheiden könnte, nehme ich dann im zweiten Wort auf. Nun wieder Musik und Wort, oder ganz einfach Gregorianik mit Antiphon und Psalm.

 

2. Wort

Liebe Mitfeiernde

Felix von Cantalice war 1. gottverbunden, 2. bei den Menschen, 3. besonders bei den Armen und 4.? Die Spannung steigt!

Felix von Cantalice hatte einen guten Draht zu Kindern und Jugendlichen. Und er war ein musikalisches Naturtalent. So hat er Lieder gedichtet und diese mit den jungen Menschen in den Gassen geübt und vorgetragen. Liebe Kirchenmusiker und –musikerinnen. Felix von Cantalice könnte also für euch ein spannendes Vorbild abgeben. Kirchenmusik auf die Strasse bringen wäre also gefragt. In Cantars sehe ich einen ersten Schritt in diese Richtung.

Crispin von Viterbo war 1. gottverbunden, 2. bei den Menschen, 3. besonders bei den Armen und 4.?

Er hat Wunder vollbracht. Ok, das ist heute nicht mehr so glaubwürdig und out. Darum sagen wir besser, dass er ein begabter Poet war und so die Herzen der Menschen direkter erreichen konnte als trockene Prediger und Redner es tun.

Maria Bernarda Bütler von Auw war 1. gottverbunden, 2. bei den Menschen, 3. besonders bei den Armen und 4.?

Schweizerin. Nein, das bringt einem im Heiligenrating nicht unbedingt weiter. Wie heisst es doch mit dem Kamel und dem Nadelöhr? Oder 4. Sie hat Gott mehr gehorcht als dem Bischof von St. Gallen. Denn hätte sie auf den Bischof gehört, dann wäre sie wohl nicht nach Lateinamerika gekommen und hätte keinen eigenen Orden und keine Werke gründen können. Oder besser: 4. Wenn ich in die Lebensgeschichte von Maria Bernarda Bütler schaue, dann begegnet mir eine Frau, die Menschen faszinieren und motivieren konnte. Ein Menschentyp, der uns heute in der Schweizer Kirche wohl etwas fehlt, aber mit Papst Franziskus eine neue Aktualität erhalten hat.

Last, but not least, wie steht es nun um den Heiligen des heutigen Gedenktages? Bernhardin von Siena. Er war 1. gottverbunden – regelmässig hat er sich in stille Bergklöster fürs Gebet zurückgezogen, 2. bei den Menschen in der Stadt und da ein leidenschaftlicher und gefeierter Prediger, 3. besonders bei den kranken Menschen präsent. Modern gesagt könnte man sagen, er pflegte Ebolakranke bis er selber an Ebola erkrankte.

Und das 4 von Bernardin von Siena? Er verzichtet auf kirchliche Würden und Ämter, damit er seinem Auftrag als Volksprediger und menschennaher Erzieher treu bleiben kann. Dabei beschreibt er den Weg christlicher Reifung durch eine Sonne mit zwölf Strahlen oder Schritten. Es gibt vier grundlegende Schritte im Zusammenhang mit der Selbstliebe, vier aufbauende Schritte der Nächstenliebe und vier krönende Schritte der Gottesliebe.

Liebe Mitfeiernde

Vor allem die ersten vier Schritte der Selbstliebe oder besser der Arbeit an mir selber mögen überraschen. Heilige Menschen werden normalerweise nicht mit der Selbstliebe in Verbindung gebracht. Eher im Gegenteil, Selbstkasteiung und Geringschätzung des Körpers würde man erwarten. Mag sein, dass die eigene Krankheit und das grosse Vorbild eines Franz von Assisi, den Starprediger Bernhardin von Siena eines Besseren belehrt haben. Sein Ordensideal Franziskus hat sich kurz vor seinem Tod bei Bruder Esel, d.h. dem Körper, entschuldigt, weil er ihn zu intensiv drangsaliert habe. Aber auch die eigene Krankheit hat wohl Bernhardin von Siena gezwungen, einen sorgfältigen Umgang mit dem eigenen Leib zu suchen.

Hier in moderner Fassung, in Worten meines Mitbruders Niklaus Kuster, die ersten vier Schritte oder Strahlen der Selbstliebe. Zu beachten ist dabei stets der franziskanische Blick auf das Menschwerden und Menschseins des armen Jesus von Nazareth.

  1. Schritt/Strahl: Mich selbst und meine Realität annehmen im Blick auf Gottes Menschenliebe.
  2. Schritt/Strahl: Gegen alles Lebensfeindliche angehen, ermutigt vom Menschsein Jesu.
  3. Schritt/Strahl: Sorge tragen zur Gesundheit und den Umgang mit Leiden lernen – was ja Bernhardin von Siena intensiv getan hat in seiner eigenen Berufungsgeschichte.
  4. Schritt/Strahl: Mit Mühen und Spannungen zwischenmenschlicher Art frei umgehen können.

Amen.

 

Fürbitten

Liebe Mitfeiernde

Zwölf Strahlen kennt die IHS-Sonne des Bernhardin von Siena. Als Fürbitten möchte ich drei Strahlen oder eben die Schritte 8.-10. gehen.

  1. Schritt/Strahl: Gott lass unseren Glauben durch Auf und Ab leben und reifen und dabei Ausdauer entwickeln.
  2. Schritt/Strahl: Gott, lass uns in der Meditation deine Nähe ersehnen.
  3. Schritt/Strahl: Gott, lass uns im Gebet deine Nähe erleben. Amen.

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