Schafe

Shoppen ist anstrengend

Wenn es beim Einkaufen nicht mehr nur um den Preis geht, dann wird das Shoppen kompliziert und verantwortungsvoll. Manchmal geht man auch mit leeren Hände nach Hause. Zum Glück gibt es immer mehr Hilfsmittel.

Waren das noch Zeiten, als ich als junger Mann wusste, wo es die billigsten und trotzdem brauchbaren Jeans gab! Ich musste nur schnell zum Laden radeln, ins Untergeschoss eilen, die richtigen Jeans nehmen und war innert zehn Minuten erfolgreich auf dem Weg nach Hause. Damals!

Kriterien sind unterschiedlich

Nein, meine Eltern hatten mich das Einkaufen differenzierter gelehrt. Vor allem auf gute Qualität wurde Wert gelegt. Langfristig gesehen sei gutes Material trotzdem billiger, wurden wir Kinder aufgeklärt – und so war natürlich auch hier der Preis ein Thema.

Der grosse Schock kam mit der ersten Freundin. Sie wollte Winterschuhe kaufen. Ich erwartete eine Stunde und dann einen schönen Spaziergang um die Schuhe gerade noch einzulaufen. Doch weit gefehlt! Das Shoppen dauerte den ganzen Nachmittag, sie ging mit leeren Händen nach Hause und ich war ziemlich verärgert. Vor allem die Ästhetik war hier das erste Argument. Doch war der richtige Schuh zu diesem Zeitpunkt noch nicht geboren.

Konsumenten mit Macht

Später habe ich gelernt, dass Konsumenten eine Marktmacht sind und so auch die Produktion wie auch die Preise beeinflussen. Wer die Welt zum Besseren verändern will, kauft verantwortungsbewusst ein. Sozialgerecht produziert und umweltverträglich hergestellt, sind die beiden wichtigsten Kriterien, die zu beachten sind. Nicht zu verschweigen sind aber auch hier der Preis und die Ästhetik.

Der grosse Konflikt für mich als Konsument liegt zwischen den ersten beiden Kriterien, sozial und ökologisch, wie auch dem dritten und dominanten Kriterium, dem Preis. Den «Geiz ist cool» schwingt ja beim Einkäufer immer etwas mit. Im schlimmsten Fall könnte es ja bedeuten, ein bestimmtes Produkt nicht kaufen zu können, weil es sozialgerecht und umweltverträglich produziert nicht erschwinglich und die billige Variante nicht zu verantworten ist.

Jagd auf Informationen

In einer Welt mit vielen Möglichkeiten wird Wissen zu einer wichtigen Grundlage. Und darum wird das bewusste Einkaufen schwierig und anstrengend. Praktisch ist es oft, erfahrene Beraterinnen und Berater zur Seite zu haben. Oft wissen diese jedoch nur in Bezug auf den Preis und Qualität Bescheid und können leider wenig über Sozial- und Umweltverträglichkeit sagen. Zum Glück gibt es gute Zeitschriften, Radio- und Fernseh-Sendungen. Information braucht viel Zeit, doch ohne sie gibt es keine guten und verantwortbaren Einkäufe.

Informationen beschaffen zu können, wird zu einer Forderung für die Zukunft. Vor allem bei technischen Geräten gibt es heute schon sehr hilfreiche Internet-Foren, die Produkte beschreiben, kommentieren und bewerten. Schon einige Male durfte ich feststellen, dass da akribisch und hilfreich kommentiert wird. Leider stehen die Kriterien sozial- und umweltgerecht produziert nicht an erster Stelle.

Eine neue und sehr hilfreiche Welt eröffnet sich heute für Smartphones und ihren Apps (Applications, Anwendungen). So konnte ich in den letzten Monaten erste Apps entdecken, die sehr informativ sind. So gibt es beispielsweise Label-Apps. Ich fotografiere mit dem Telefon ein Label und das App dokumentiert den Wert des betreffenden Labels. Einige Apps kennen Like und Dislike (Gefällt mir/Gefällt mir nicht), die meisten liefern aber häufig auch noch eine fundierte Beschreibung.

Blick in die Zukunft

In naher Zukunft – so ist es jedenfalls zu hoffen – suche ich mir beim Einkaufen Hosen, scanne oder fotografiere deren Label und weiss anschliessend, inwiefern diese sozialgerecht und umweltverträglich produziert wurden oder nicht. Auch weiss ich dann unter Umständen genau, woher der Stoff, woher die Farbe kommen.

Achtung! Manchmal muss man vorsichtig mit dem Wissen umgehen. Letzthin machte ich einen Besuch. Es wurde ein Wein gebracht und dieser edle Tropfen als ökologisch und sehr teuer angepriesen. Die Etikette des Weines habe ich mit dem Wein-Scanner fotografiert und das Programm hat mich sehr bald darauf hingewiesen, dass eine solche Flasche für fünf Franken und nicht für fünfzig Franken zu haben ist. Die Bewertung von 5643 Menschen gaben dem Wein eine 3,7 von 6, also ungenügend. Nein, lieber Gastgeber, in diesem Fall war nicht nur mein Gaumen wenig angetan von diesem Wein.

Für die Zukunft eines Lebens im Einsatz für Gerechtigkeit für alle erhoffe ich mir Apps, die mir schon beim Einkaufen melden, wie ein Produkt hergestellt wurde und vor allem, ob ich es mit gutem Gewissen kaufen könne oder nicht, ob die Menschenwürde auch für die Arbeiter und Arbeiterinnen gewahrt ist oder nicht.

Adrian Müller

Vgl. Ite 2016/1

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