Predigt vom 9. Januar 2022 zu Lk 3,15.21-22, Taufe des Herrn
Liebe Getaufte
Johannes der Täufer weiss gut, wer er ist und wer er nicht ist. Er taufe nicht mit dem Heiligen Geist, sagt er seinen Täuflingen. Jesus von Nazareth bekommt im heutigen Tagesevangelium von seinem Vater zugesagt: «Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden.»
Liebe Getaufte, wer sind Sie? Was ist Ihnen zugesagt worden?
Heute, am 9. Januar habe ich Namenstag. Nomen est omen, heisst es. Der Name ist Programm und wurde uns allen von unseren Eltern mit auf den Weg gegeben. Was haben sich unsere Eltern dabei gedacht? Eine meiner Schwestern hatte drei Kriterien für die Namensgebung ihrer Kinder:
- Kurz muss er sein, so dass man ihn im Berndeutsch nicht verkürzt.
- Da ihr Mann französisch spricht, muss er deutsch und französisch verwendet werden können.
- Der Name soll ästhetisch gut tönen. Luc und Joel heissen ihre Söhne.
Heute möchte ich Ihnen erzählen, wie ich die Botschaft meines Namens fand. Jesus von Nazareth hat den Zuspruch «mein geliebter Sohn» erst als Erwachsener erfahren. So erging es auch mir. Als ich bei den Kapuzinern das Postulat begann, fragte mich der Guardian als Erstes: Wann feierst du Namenstag? In Bern kennen wir den Brauch der Namenstage nicht. Ich suchte in der Klosterbibliothek Bücher zum Thema Namen und Namenstag und fand folgende drei Möglichkeiten für meinen Vornamen:
- Als ersten Adrian fand ich Hadrian von Nikomedia, der am 8. September gefeiert wird. Hadrian musste nach der Legende als Hauptmann der römischen Armee unter Kaiser Galerius Christen verfolgen. Deren Standhaftigkeit bekehrte ihn und führte ihn zum eigenen Martyrium. Nein, einen Soldaten und Märtyrer wollte ich nicht als Namenspatron. Das kann nicht mein Lebensziel sein. So suchte ich weiter.
- Für den 9. März fand ich einen weiteren Adrian. Leider auch Soldat und Märtyrer. Darum forschte ich weiter und wurde
- Mit dem heiligen Adrian von Canterbury fündig. Dieser wurde in Afrika geboren und starb am 9. Januar 710 in Canterbury. Sympathisch war und ist mir Adrian von Canterbury, weil er sich sehr für Bildung, Wissen, die Vernetzung von Kulturen sowie Verständigung und Frieden einsetzte. Dazu übernahm er auch Verwaltungs- und Planungsaufgaben. Das macht ihn mir sympathisch und das gab mir ein Lebensprogramm, mit dem ich mich 1989 anfreunden konnte und ich heute noch hochhalte. Dafür kann und will ich leben.
Wie ist das Namensprogramm von Jesus? Der Name Jesus ist die Kurzkurzform von Jehoschua. Der Name Jehoschua wurde nach dem babylonischen Exil meist in der Kurzform Jeschua verwendet. Jeschua war ein verbreiteter Vorname und kommt in der hebräischen Bibel vor allem als «Jehoschua ben Nun» vor. Jehoschua ben Nun hat das Volk Israel in das gelobte Land Kanaan geführt. Das biblische Buch Josua ist nach ihm benannt. Das Programm von Jehoschua ben Nun lässt sich auch auf Jesus von Nazareth übertragen: Jesus führt sein Volk zwar nicht ins gelobte Land Kanaan, aber die ganze Schöpfung durch Heilung und Versöhnung ins Reich Gottes. Das war sein Lebensprogramm: durch Heilung und Versöhnung ins Reich Gottes.
Unser heutiges Tagesevangelium enthält mehr als menschliche Zusagen und Absichten. Es ist Gott, der Heilige Geist in Gestalt einer Taube, der auf Jesus herabkommt, und eine Stimme aus dem Himmel, die sagt: «Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden.» Es sind dies nicht menschliche Versprechen und Wünsche, sondern Gottes Zusage, die sich bei der Taufe durch Johannes ereignet. Diese Sohnes-Zusage gibt Jesus uns weiter, indem er uns lehrt, zum «Vater im Himmel» zu beten. So werden wir alle zu Töchtern und Söhnen des einen Gottes, aber auch zu Geschwistern vor ihm und mit ihm, Jesus von Nazareth.
Durch unsere eigene Taufe dürfen wir glauben, dass Gott zu uns ja gesagt hat und uns beisteht. Und vielleicht wurden ihnen, liebe Mitfeiernde, in ihrem Leben sogar Erfahrungen geschenkt, die sie als Gottes-Begegnungen und Zusagen erlebt haben. Oft bleiben innere Gewissheiten, die uns Sicherheiten, Überzeugungen schenken. Oder auch ein klares Gespür für Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit. Gerechtigkeitsempfinden kann nach der Bibel Ausdruck von Gottes Gegenwart in unserem Leben sein. Im Titusbrief hörten wir zusätzlich vom besonnen leben, als Zeichen Gottes Wirken in unserem Leben.
Vielleicht mögen die Zusage aus dem Glauben lieber etwas theologischer formuliert. In der Lesung hörten wir: Den Heiligen Geist hat Gott «in reichem Mass über uns ausgegossen durch Jesus Christus, unseren Retter, damit wir durch seine Gnade gerecht gemacht werden und das ewige Leben erben, das wir erhoffen.» Tit 3,6-7. Kurz gesagt: es geht um Gottes Ja zu uns und des Geistes Wirken in unserem Leben. Amen.