Predigt vom 25. Dezember 2022; Lk 2,15-20
Der Begriff „Zeitenwende“ ist von der Gesellschaft für deutsche Sprache zum Wort des Jahres 2022 gekürt worden. Der Begriff steht im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und wurde unter anderem von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) aufgegriffen und geprägt. Die Wirtschafts- und Energiepolitik habe sich völlig neu ausrichten müssen, erklärte die Gesellschaft für deutsche Sprache. Auch Verhältnisse zu anderen internationalen Partnern wie China seien kritisch beleuchtet worden. Zudem habe bei vielen Menschen eine emotionale Wende stattgefunden. So vermeldete die deutsche Tagesschau am neunten Dezember.
Zeitenwende. Das kommt mir bekannt vor. Doch würde ich vor allem die Geburt von Jesus von Nazareth als eine solche Zeitenwende wahrnehmen. Was ist eine Zeitenwende? Im digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache finde ich drei Hinweise zum Begriff:
- Wende, Umschwung im historischen Geschehen – Beispiel: Vom Fax zum E-Mail
- Zeitpunkt, an dem sich eine Wende, ein Umschwung im historischen Geschehen vollzieht – Einen Epochenwechsel also: Von der Moderne zur Postmoderne
- [veraltend] Beginn der christlichen Zeitrechnung
Nun, mit dem Dritten bin ich nicht einverstanden. Wir zählen die Jahre immer noch ab der Geburt Jesu von Nazareth. Diese Geburt Jesu ist für mich als Christ die Zeitenwende. Gott hat ganz besonders und überraschend in unser Weltgeschehen eingegriffen und für und Christ*innen ist das bis heute prägend, einzig und eine frohe Botschaft. Wir glauben nicht an Macht, an veraltete Herodes-Strukturen, an Krieger und auch nicht an die Geschichte der Sieger. Ganz klein und schutzlos wurde vor gut 2000 Jahren die göttliche Zeitenwende eingeleitet. Staunen müssen Menschen können, wenn sie diese christliche Veränderung erahnen und verstehen wollen. Dem Schutzlosen und Abhängigen Raum geben. Oder wie heisst es doch so schön: Erfolg ist keine Eigenschaft Gottes. Aber Liebe und Leben sind Gott und kommen von Gott.
Gott wird Baby und Engel erzählen den Hirten davon, hörten wir im Evangelium. Draussen auf dem Feld. Draussen im Stall. In der Kälte – und da denke ich an die Ukraine und all die Menschen, die bei uns weniger heizen und so der Kälte und dem Krieg trotzen, aber das Leben wollen.
2022 ist eine Zeitenwende und ich hoffe, dass sie im 2023 eine Wende zum Guten, zum Leben wird. Doch, die Zeitenwende – und gar nicht veraltend – ist für mich das Geschehen in und um die Krippe. Da staune ich jedes Jahr neu und danke Gott für seine Liebe, seine Tiefe, sein Leben, seine Freude und sein Dasein. Und darum wünsche ich dieses Jahr auch Ihnen, liebe Mitmenschen, frohe Weihnachten, Hoffnung und immer wieder ein staunendes Herz für Gottes Wirken in unserer Welt, in unserem Leben.