Auferstehungsgottesdienst Adjut Mathis, Joh 14,1-6
Welch ein wunderbares Tagesevangelium uns heute begleitet! «Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen». Eine davon gehört nun Adjut. Und Jesus selbst hat diese Wohnung dem Adjut vorbereitet. Welch ein Bild für den heutigen Tag!
Adjut lebte sowohl in der Schweiz wie auch in Indonesien. Er wusste, dass Kulturen unterschiedlich sind und hat das ernst genommen. Als ich 2001 von Rom nach Rapperswil kam, lebten wir beide in derselben Gemeinschaft. Wir hatten eine spezielle Gemeinsamkeit – am Sonntagabend schauten wir beide eine Schweizer Serie im Fernsehen, um damit Schweizer Kultur kennen zu lernen und zu vertiefen. Adjut schaute mit dem missionarischen Blick und ich mit den Augen eines Film-Analysten. Beide wollten wir wissen, was sind im Moment die Themen und die Antworten der hiesigen Menschen, der Schweizer Kultur.
Und dabei erzählte Adjut mir vom «Buch» von Clifford Geertz (Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1988. ISBN 3-518-58091-4), und ich habe es mit grossem Gewinn gelesen. Der Titel ist: «Religiöse Entwicklungen im Islam. Beobachtet in Marokko und in Indonesien.» Es ist eine ethnologische Untersuchung und zeigt die Vielfalt muslimischer Entwicklungen und Inkulturationen auf. Denn auch der Islam hat sich in die jeweiligen Kulturen integriert und deren kulturelle Form beachtet und integriert.
So ist die grosse marokkanisch-islamische Identifikationsfigur ein umtriebiger Freiheitskämpfer, der sich für Gerechtigkeit und für die Armen eingesetzt hat. Fast etwas wie der englische Robin Hood, stelle ich mir vor. Und dieser hat den Islam in Marokko ursprünglich heimisch gemacht und geprägt.
Mit über 191 Millionen Muslimen ist Indonesien der Staat mit der grössten muslimischen Bevölkerung weltweit. Und in Indonesien sieht die muslimische Identifikationsfigur ziemlich anders aus als in Marokko. Der indonesische muslimische Glaubensverkündiger war ein stiller, meditativer Mensch, der sich an einem Fluss – ich war beim Lesen an Bruder Klaus oder einen buddhistischen Mönch erinnert – zurückzog und lange Zeit meditierte, bis er aus der Stille für den Islam zu wirken begann und grossen Erfolg hatte. Vielleicht auch etwas ein Mensch, wie Adjut es war. Adjut liebte die Stille und Gebet sehr.
Bruder Adjut war ein fundierter Missionar, er kannte und lebte seinen Glauben, wusste aber auch um dessen Ausprägung an unterschiedlichen Orten. Solches Wissen tut auch uns Schweizer und Schweizerinnen gut. Haben wir doch auch eine sehr helvetische Ausprägung unseres Christentums. Das erlebte ich am Ranft mit meinem Mitbruder André Izbachalla aus dem Libanon.
Der Bibel-Spezialist spricht dieselbe Muttersprache wie Jesus, nämlich aramäisch. Wir starteten unseren Weg in Sachseln, betrachteten die fünf Visionen des Bruder Klaus, und liefen nach Flüeli Ranft. Unterwegs erklärte ich André begeistert die Visionen des Bruder Klaus. Mit Bruder Klaus kann ich religiös warm werden. Da finde ich spirituelle Heimat. Bei André hatte ich einen anderen Eindruck. Er wurde kühler und meinte am Schluss, das ist doch kein Christentum. Das ist germanischer Paganismus. Er wisse gar nicht, was dieser Bruder Klaus mit Jesus von Nazareth gemein habe. Zum Glück konnte ich André darauf hinweisen, dass Bruder Klaus im Jahre 1947 heiliggesprochen wurde und so zumindest als echter vorbildlicher helvetischer Katholik gelten darf.
Welches war der religiöse Stil von Bruder Adjut? Er war ein verbindender und wirksamer Prediger. In der Schweiz bedeutete das für den Indonesienmissionar Verständnis für die indonesische Kultur zu fördern und Geld für seine Gemeinden und Projekte zu sammeln. In Indonesien hiess das Menschen für Jesus Christus zu motivieren und Pfarreien aufzubauen. Mit Leib und Seele.
Dabei war eines seiner besonderen Merkmale, die Art und Weise der Fortbewegung, seine Geh-Seelsorge würde man heute sagen. Adjut brach auf, um zu den Menschen zu gelangen. Hier in der Schweiz bedeutete dies nach dem schweren Unfall mit dem Auto unterwegs zu sein. Sei das zu Pfarreien rund ums Kloster Rapperswil oder zur indonesischen Gruppe Harapan, die ihm sehr am Herzen lag. Doch am meisten lachen musste ich, als ich ein älteres Foto mit Adjut aus Indonesien zugeschickt bekam. Da sitzt Adjut auf einem Motorrad, auf dem Rücken ein hölzernes Gestell, das man in der Schweiz für den Käsetransport braucht. Doch war da kein Schweizer Käse darauf befestigt, sondern ein Velo!
Adjut erklärte mir, dass er in Indonesien, soweit es ging mit dem Töff gefahren ist. Wenn er mit diesem nicht mehr weiterkam, radelte er oder wanderte zu den Menschen. Oft wanderte er aufwärts und fuhr mit dem Velo wieder hinunter zum Töff, um zum nächsten Einsatzort zu gelangen. Das war Einsatz mit allen Mitteln. Indonesisches Mountain Biking, bevor es in der Schweiz Mode wurde.
Lieber Jesus, ich weiss ja nicht, ob Adjut da stets in seiner himmlischen Wohnung zu finden ist. Ich könnte mir gut vorstellen, dass er ab und zu unterwegs ist. Und im heutigen Tagesevangelium sagst du: «Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben.» Und auf diesem Weg vermute ich Adjut. Amen.