Auferstehungsgottesdienst Norbert Seibert, 7. Juni 2023
Die heutige Lesung der Apostelgeschichte (10,1-22) erzählt uns zwei Glaubensgeschichten an wichtigen Wendepunkten. Dabei geht es nicht um ein hagiografisches vorher alles schlecht und böse, dann alles ideal und alles gut. Die Apostelgeschichte erzählt von zwei wichtigen Glaubens-Erweiterungen – so würde ich dies nennen.
Kornelius ist fromm und gottesfürchtig, gibt dem Volk reichlich Almosen und betet beständig zu Gott. Was braucht es da noch? So könnte man fragen. Doch der Engel Gottes tritt zu Kornelius und lädt ihn zu einer Begegnung mit Petrus ein. Was diese Begegnung dann bringen will, sagt der Engel nicht. Er beschreibt Kornelius den Weg zu Petrus sehr genau. Was will Gott von mir, muss er sich fragen. Die Antwort wird dem Gottesfreund die Zeit und ein Mensch, Petrus, geben.
Auch bei Petrus geht es im gehörten Text um eine Glaubens-Erweiterung. Er ist Jude und gehört zum auserwählten Volk. Ja, er hat sogar mit Jesus von Nazareth zusammengelebt. Was will man mehr? Und trotzdem wird er von Gott verzückt, verwirrt. Er sieht ein Bild und hört eine Stimme. Petrus bleibt ratlos und begibt sich in die Begegnung mit den drei Männern, die von Kornelius zu ihm geschickt wurden. «Aus welchem Grund seid ihr hier?» Sein Verständnis von Gottes Botschaft muss sich noch entwickeln. Gegeben sind Weg und die Begegnungs- und Gesprächspartner.
Die Gottes-Begegnung lassen sowohl Kornelius als auch Petrus mit neuen Fragen und Aufgaben zurück. Die Antwort wird ihnen die Zeit und die Begegnung mit ihnen noch unbekannten Menschen geben. Kornelius wird sich nach langem Prozess taufen lassen. Petrus wird lernen, dass Jesus Christus nicht nur für Juden gelebt, gewirkt, geheilt, vergeben hat und dann nach dem Tod auferweckt wurde.
Fromme, vorbildliche Menschen werden in ihrem Glauben und Gottesbild verunsichert und bereichert, so würde ich die beiden Glaubens-Erweiterungs-Geschichten zusammenfassen. Bisheriger, guter Glaube wird von Gott in Frage gestellt. Dem Gläubigen tun sich neue Horizonte auf.
Ähnliches finde ich in der Lebensgeschichte von Bruder Norbert. In seinem Leben finde ich zwei spezielle Situationen, die ihn besonders geprägt haben. Die Erste: Tod seiner Schwester: «Die Begegnung mit dem frühen Tod meiner Schwester hatte mich sehr betroffen gemacht», schreibt Norbert. Wenigen vertrauten Menschen hat er darüber erzählt.
Die zweite prägende Begegnung erlebte Norbert als vierzig Jähriger. Er hatte in diesem Alter schon einiges erlebt. Er war Schreiner, nach einem Arbeits-Unfall wurde er Psychiatrie-Pfleger. Norbert hatte bei den Jesuiten ein Noviziat begonnen und abgebrochen, liess sich aber bis zum Tod des Novizenmeisters der Jesuiten, 2015, von diesem begleiten. Es gibt einen guten ignatianischer Boden, der Norbert getragen hat. In der Diaspora-Pfarrei Langnau konnte Norbert sich wunderbar einfinden und fand Heimat. «So wirkte ich als Lektor und Kommunionspender, sowie auch aktiv im Kirchenchor mit», liest man in Norberts Lebenslauf. Eigentlich alles in Butter? Der liebe Gott hätte die Dinge laufen lassen können. Oder etwa nicht?
Aber ohalätz. Wie bei Kornelius und Petrus beginnt mit 40 plötzlich eine lang andauernde Glaubens-Erweiterung! Zitat: «1986 begegnete ich zum ersten Mal in Assisi der Gestalt und dem Leben des heiligen Franziskus», schreibt Norbert. Alles klar? Nein, im Gegenteil! Jetzt beginnt sie erst richtig, die Verwirrung, wie es auch bei Kornelius und Petrus geschildert wird. Norbert: «Nach langem Suchen entschloss ich mich in den Orden der Minderbrüder Kapuziner einzutreten». Und gelassen suchend sowie interessiert habe ich Norbert bis zu seinem Tod erlebt. Er war spirituell wach, las, betete und liess sich inspirieren von Predigt und Liturgie.
Und vermutlich erlebte Norbert deshalb in der Ausbildungs-Gemeinschaft in Salzburg prägende, schöne und glückliche Zeiten. In Salzburg waren er und auch andere auf dem Weg, am Suchen, am Ringen, am Erweitern des Glaubens. Was will Gott von mir? Gleichzeitig konnte Norbert an diesem lebendigen Ort eine gute Stütze sein auf dem Weg mit Gott. Schilderungen und Dankbarkeit von jüngeren Kapuziner geben Zeugnis davon.
Oft lenkte Norbert von seiner eigenen Person ab, wenn das Gespräch auf ihn fiel. «Es ist schön Wetter draussen», war der Signal-Satz, den wir in Schwyz ab und zu hörten. Und da wussten wir: Themenwechsel. Nicht Norbert im Mittel-Punkt, bitte. Vielleicht hilft unserem Verständnis von Norbert die Christus-Ikone aus seinem Zimmer weiter. Christus mit segnender Gäste, den Text hörten wir im Evangelium «Kommt alle zu mir, die ihr Mühe habt und beladen seid. Ich werde euch Erleichterung verschaffen. (Mt 11,25-39). Und es ist unser Vertrauen und Glauben, der uns hören lässt. Ja, Norbert wurde durch Tod und Auferstehung Erleichterung verschaffen. Amen.