Predigt vom 18. Februar 2024; Gen 9,8-15; Mk 1,12-15
Wir erleben Überschwemmungen, Zunamis und wir erfahren Wüsten, Verödung. Die Erfahrungen des Noah und des Jesus von Nazareth lassen uns wissen, dass Gott sowohl während der Überschwemmung wie auch in der Wüste gegenwärtig war. Weder die Wasserwüste noch die Sandwüste sind gottlos. Gott ist mit Menschen und Tieren, auch in Extremsituationen. Auch sind sie nicht End-, sondern Übergangs-Situationen.
Die beiden heutigen Tages-Texte stehen am Beginn, am Beginn des Alten Testaments sowie am Beginn des Markus-Evangeliums. Sie thematisieren einen Neubeginn. Nach der Geschichte der Sintflut beginnen Mensch und Tiere die Erde neu zu bevölkern. Nach der Wüstenerfahrung wird der vermutlich dreissigjährige, frisch von Johannes getaufte Jesus mit seinem Wirken beginnen und einen Neuanfang setzen.
Interessanterweise kennt nicht nur das Alte Testament, sondern auch die Erdgeschichte schon Massensterben auf der Erde. Oft werden in der Wissenschaft deren fünf genannt. Da wird beispielsweise über das Aussterben der Dinosaurier gerätselt und es gibt mehrere Erklärungs-Modelle dafür. Ein Beispiel:
«Vor 66 Millionen Jahren schlug im Golf von Mexiko, nahe der heutigen Ortschaft Chicxulub Pueblo, ein Asteroid mit rund zehn Kilometer Durchmesser ein. Der Treffer löste wohl augenblicklich kilometerhohe Tsunamis aus, die ganze Kontinente unter sich begruben. Verheerende Brände folgten, Rauch und Staub verdunkelten über Monate den Himmel. Infolgedessen starben etliche Tiere aus, darunter die Dinosaurier und Ammoniten, die rund 190 beziehungsweise 340 Millionen Jahre lang die Erde bevölkert hatten.» (https://www.spektrum.de/magazin/erdgeschichte-nach-dem-weltuntergang/1875796)
Wie bei der Noah-Geschichte starben bei diesem Massensterben nicht alle Lebewesen aus. So wird beispielsweise heute vermutet, dass das Huhn in seiner genetischen Entwicklung ein überlebender Dinosaurier sei. Doch ich will hier nicht naturwissenschaftliche Fragen und Theorien weiterbehandeln – auch wenn ich sie höchst spannende finde –, sondern zu unseren beiden biblischen Texten zurückkehren.
Die Noah-Geschichte im Buch Genesis erzählt vermutlich von einer lokalen Sintflut und nicht von einem erdgeschichtlichen Massensterben. Doch geht es der Erzählung von Noah nicht um naturwissenschaftliche Beschreibungen, sondern um die religiöse Erfahrung eines Unterganges und eines Neuanfanges mit Gott. Es soll im Buch Genesis besseres Leben entstehen und Gott formuliert einen Bund mit Menschen und Tieren: «Nie wieder sollen alle Wesen vom Wasser der Flut ausgerottet werden; nie wieder soll eine Flut kommen und die Erde verderben.» (Gen 9,11) Gott tut hier seine Lebens-Bejahung wie seine Selbst-Beschränkung kund. Er will nicht mehr zerstörerisch auftreten; keine Wasserflut mehr verantworten.
Das Markus-Evangelium nennt den Inhalt der Versuchungen nicht, die Jesus durchlaufen hat. Wichtiger scheint dem Evangelisten die Hilfe, die Jesus in der Wüste erfahren hat: Wilde Tiere sind anwesend (auch der Genesis-Text spricht zwei Mal von wilden Tieren und nicht von Haustieren) und Engel dienten ihm. Weder Noah noch Jesus sind allein im Leben. Spannend finde ich, dass in beiden Geschichten die Tiere eine wichtige Bedeutung haben. Nein, Mensch, du bist nicht allein auf Erden. Das wäre wohl ein guter Startpunkt, um unser Verhältnis mit Tieren genauer zu betrachten. Selbst wilde Tiere sind in den beiden Erzählungen Begleiter des Menschen und auch mit Gott auf dem Weg. Das kann auch für uns Bedeutung haben …
Liebe Christen und Christinnen
Heute ist der erste Fastensonntag. Die biblischen Texte stellen weder Verzicht noch Fasten ins Zentrum. Auch halten sie sich nicht lange mit dem Untergang oder mit der Moral auf. Sie erzählen uns einen von Gott gegeben – nicht menschengemachten – Neuanfang. Sei das als Bund bei Noah; sei das mit der Verkündigung von Gottes guter Nachricht durch Jesus von Nazareth: «Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!» (Mk 1,15).
Neu-Ausrichtung auf Gott, einen guten Neu-Anfang des Lebens und den Glauben an die gute Botschaft Gottes wünsche ich uns für diese Fastenzeit. Und vielleicht dürfen wir in diesen Tagen erleben, wie Kriege ein Ende finden, wie persönlicher Streit gelöst wird – wie sich einiges zum Guten wendet. Darin scheint mir Gott mit uns auf dem Weg zu sein, wenn ich den Erfahrungen eines Noahs oder eines Jesus von Nazareth vertrauen darf.
Neu-Ausrichtung auf Gott, einen guten Neu-Anfang des Lebens und den Glauben an die gute Botschaft Gottes – eben, geläutert und gestärkt in eine neue Zukunft. Amen.