Predigt vom 15. Oktober 2023: Jes 25,6-10a; Mt 22,1-14
Welch eine Wucht, mit der Jesaja hier auffährt: «für alle Völker ein Festmahl … der Tod wird beseitigt … An jenem Tag wird man sagen: Seht das ist unser Gott, auf ihn haben wir unsere Hoffnung gesetzt, er wird uns retten»! (Jes 25,6-10a) Solche Worte mag ich sehr und solche Hoffnung wünsche ich mir, Tag für Tag. Es ist dies eine Vision für die Zukunft und ich wünschte, sie würde heute werden. Komm Gott, rette uns!
Und was mir hier zusätzlich auffällt. Gott handelt und nicht ich. Gott ist die Hoffnung, nicht ich oder andere Heilsbringer. Es ist der eine Gott, der für alle Völker einsteht, und so für alle Völker. Nein, nicht ich muss der Welt das Heil bringen. Das darf ich im Glauben getrost Gott überlassen. Er übernimmt die Vollendung der Welt, wie auch jedes einzelnen von uns. Und da meint Jesaja nur noch: «Wir wollen jubeln und uns freuen über seine rettende Tat.»
Auch das Jesus-Gleichnis nimmt das Bild des Mahles auf und führt den Text des Jesaja weiter und situiert diesen geschickt in unserem Alltag, nicht in die Zukunft, wie dies Jesaja tut. Das Mahl ist im Gleichnis bereitet und die Gäste werden eingeladen. Doch welch eine Enttäuschung für den Einladenden!
Die Geladenen «kümmerten sich nicht darum, der eine ging auf seinen Acker, der andere in seinen Laden, wieder andere fielen über seine Diener her, misshandelten sie und brachten sie um.» (Mt 22,5-6) Ja, mein Alltag ist voll und der Aufgaben und Pflichten viele. Manchmal frage ich mich auch, ob es auch die Gewohnheiten sind, die den Tag ausfüllen und mir so den Blick auf das Heilige, auf Gottes schöpferische Wirken verstellen. Es muss doch so und so sein. Das müsste auch noch erledigt werden. Nein, Menschen haben darin oft keinen Platz mehr. Lade ich mich manchmal nicht selbst vom Fest des Lebens aus? Lasse ich Gott und seinen heiligen, belebenden Geist an mir vorbeiziehen?
Mit der Kurzfassung vom Evangelium könnten wir hier hören und hätten meines Erachtens schon vieles für unseren Alltag mitbekommen. Hoffnung auf Gottes Retten, und Aufmerksamkeit für Gottes Wirken im Alltag wären die beiden Punkte, die wir für die kommende Woche mitnehmen könnten: Hoffnung auf Gottes Retten und Aufmerksamkeit für Gottes Wirken.
Die Verse 11 bis 14 bei Matthäus 10 haben mich zuerst geärgert und so wollte ich diese weglassen. Der Vers 10 hat ja schon ein wunderbares Happy-End:
«Die Diener gingen auf die Strasse hinaus und holten alle zusammen, die sie trafen, Böse und Gute, und der Festsaal füllte sich mit Gästen.» Jetzt könnte das Gelage von Jesaja doch beginnen?!
Wieso nun noch eine Negativschlaufe im heutigen Tagesevangelium? «Mein Freund, wie konntest du hier ohne Hochzeitsgewand erscheinen?» Warum muss nun das harmonische Mahl noch gestört werden. Auch für die Zurückbleibenden bleibt doch ein schaler Geschmack zurück. Da gibt es am Ende einen Ausgeschlossen, einen Hinausgeworfenen!
Stichwort für den Rauswurf ist das Hochzeitsgewand. Gäste sollen an die Feier nicht kommen wie im Alltag. Sie sollen wissen und ausdrücken, dass da etwas Spezielles, Heiliges geschieht. Im ersten Teil des Gleichnisses haben wir gesehen, dass die Geladenen nicht ans Mahl gehen, weil die täglichen Aufgaben und Sorgen des Alltages vom gemeinsamen Mahl ablenken. Vielleicht nimmt die zwei Rauswurf-Schlaufe dieses Thema auf und verdeutlicht. Gottes Begegnung reisst aus dem Alltag heraus und führt in eine spezielle, heilige, transzendente Begegnung mit IHM. Da wird und ist alles anders. Da ist eben nicht mehr nur Alltag. Da wird der Alltag überstiegen, transzendiert.
Mir kommen eigene erhebende Gottesbegegnungen, Gipfelergebnisse in den Sinn und auch mystische Erfahrungen. Da muss man sich herausreissen lassen und andere Werte, Gottes überraschende Gegenwart zulassen. Da gilt die Liebe, Harmonie, Versöhnung, Gottes erfahrbare Wirklichkeit. Franz von Assisi hat das in der Begegnung mit Aussätzigen erlebt, andere Heilige im Gebet, in der Meditation oder in der Liturgie. Wenn ich an viele Kapuziner-Heilige denke, dann sind das Erfahrungen an der Pforte, beim Betteln oder auch im Beichtstuhl. Im Tun des Guten wird das Bittere süss, würde Franziskus sagen.
Lassen wir uns von Gott einladen zu seinem Mahl und ziehen wir dazu unsere Hochzeitskleider an. Geniessen wir die göttlichen «Mähler». Und es wird dies nicht nur eine persönliche Erfahrung sein. Jesaja verheisst uns am Ende eine umfassende, erlösende und offenlegende Erfahrung für alle:
«6 Auf diesem Berg aber wird der HERR der Heerscharen allen Völkern ein fettes Mahl zubereiten, ein Mahl mit alten Weinen, mit fettem Mark, mit alten, geläuterten Weinen. 7 Und verschlingen wird er auf diesem Berg die Hülle, die Hülle über allen Völkern, und die Decke, die über alle Nationen gedeckt ist.»
Und Jesus zeigt uns, dass das Reich Gottes schon in unserem konkreten Leben Einzug halten will. Ziehen wir also unsere Hochzeitskleider an. Lasst uns einladen und Zeit haben für Menschen, Gott und sein Wirken. Und da darf dann auch gefeiert werden. Immer wieder und am Ende der Tage. Amen!