Predigt vom 23. März 2025; Lk 13,1-9; 1 Kor 1-12
Wir erleben Tragisches in unserem Leben und sehen diese Tage noch viel Schlimmeres in der Welt geschehen. Es gäbe viele Stichworte und Reizworte. Das ist nicht neu – auch wenn wir manchmal den Eindruck haben, in einer ganz speziellen geschichtlichen Phase zu leben. Leid und Tod kannten die Menschen um Jesus von Nazareth, wie auch um Paulus von Tarsus herum, auch. Und wie die Zuhörer und Zuhörerinnen Jesu, so sind es auch nicht wir, die gegenwärtig am meisten Unrecht und Leid selbst erfahren. Wenn ich in die Welt schaue, dann komme ich mir sehr privilegiert vor. Aber: Wie kann ich mit erfahrenem und gesehenem Bösen umgehen? Wie sind sinnlose und belastende Erfahrungen zu deuten?
Das Sonntagsevangelium stellt zuerst einmal fest, dass die Leute, die Ziel des Bösen sind, nicht grössere Sünder sind als wir, und dass wir nicht verschont werden, weil wir bessere Menschen sind oder weil wir Christen und Christinnen sind. Das Böse ist eine eigene und freie Grösse und wirkt, wo es will und wie es will. Die leidtragenden Menschen sind nicht per se schlechtere oder ungläubigere Menschen. Sowohl Jesus von Nazareth wie auch Paulus von Tarsus laden uns jedoch ein, im Angesicht des Bösen, des Verderbens den Blick auf uns selbst zu richten und unser eigenes Tun kritisch zu überdenken. Nach einer gründlichen Selbst-Betrachtung und Selbst-Einschätzung sollen wir einen guten Lebensweg wählen und entsprechend handeln, Früchte bringen.
Und Jesus erzählte ihnen dieses Gleichnis: Ein Mann hatte in seinem Weinberg einen Feigenbaum gepflanzt; und als der Mann kam und nachsah, ob der Feigenbaum Früchte trug, fand er keine. Da sagte der Mann zu seinem Winzer: Siehe, jetzt komme ich schon drei Jahre und sehe nach, ob dieser Feigenbaum Früchte trägt, und finde nichts. Hau ihn um! Was soll der Feigenbaum weiter dem Boden seine Kraft nehmen? Der Winzer erwiderte: Herr, lass ihn dieses Jahr noch stehen; ich will den Boden um ihn herum aufgraben und düngen. Vielleicht trägt er in Zukunft Früchte; wenn nicht, dann lass ihn umhauen! (Lk 13,6-9)
Das Gleichnis richtet seinen Blick nicht nach aussen, auf die Ungerechtigkeit und Bosheit in der Welt. Betrachtet werden ein konkreter Feigenbaum und seine fehlende Frucht im Garten eines Mannes.
Der Mann stellt fest, dass der Feigenbaum auf fruchtbarem Boden steht. Eigentlich will er diesen ertragslosen Baum umhauen. Doch tritt noch ein zweiter Mensch, ein Winzer, auf: Herr, lass den Feigenbaum dieses Jahr noch stehen; ich will den Boden um ihn herum aufgraben und düngen.
Mir raten die Predigt eines Paulus von Tarsus und vor allem das Gleichnis vom Feigenbaum eines Jesus von Nazareth, mich mit Blick auf Ungerechtigkeit und Bosheit in der Welt nicht lähmen zu lassen und zu verzweifeln. Fragwürdiges gibt es in Gottes Welt und ist für mich, für uns nicht wirklich erklärbar oder begründbar. Auch gute Menschen kommen unter die Räder, werden getötet oder müssen leiden. Und da kann ich mich auch nicht rühmen, nur weil ich davon verschont wurde. Das Böse kann auch mich völlig unbegründet treffen. Es steht ausserhalb meiner eigenen Verfügbarkeit. Aber es gibt einen Bereich meiner Einfluss-Sphäre; und darin soll ich Früchte bringen. Da darf ich sogar vertrauen, dass mir jemand den Boden bereitet, mir beisteht, zu mir schaut, mir aber auch Zeit gibt – vergleiche den Winzer im Gleichnis. Das ist für mich eine stärkende und hoffnungsvolle Verheissung.
Ich bin für meine Früchte, mein Handeln selbst verantwortlich. Und die Fastenzeit als eine Zeit der Wahl und Neu-Ausrichtung lädt mich ein, den Blick vom allzu fernen, vielleicht blockierenden Begebenheiten zu lösen und mich mit meinem eigenen Leben und meiner Einfluss-Sphäre auseinanderzusetzen. Verantwortlich bin ich zuerst einmal für meine Taten, meine Früchte, mein Handeln und Sein. Bei einem Feigenbaum erwarten wir Feigen, bei einem Apfelbaum Äpfel, und bei Adrian Müller …? Und bei Ihnen …? Ja, mir kommen einige Bereiche in den Sinn. Nicht nur Schlechtes. Da gibt es Früchte in meinem, in unserem Leben – und die sind wichtig.
Ob der Feigenbaum im kommenden Jahr Frucht gebracht hat, das erzählt uns das Gleichnis nicht. Die Erzählung hat einen offenen Schluss und lädt uns ein, unser eigenes Leben zu betrachten, nach unserem eigenen Boden, Umfeld zu schauen und darin fruchtbar zu werden. Ach ja, kennen Sie den mutmachenden Satz: «Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.» Dieser Mut-Satz wird fälschlicherweise Martin Luther zugewiesen, geht aber auf den Propheten Mohammed (570-632) zurück. Der Winzer des Gleichnisses lädt uns immer wieder neu ein, Früchte zu bringen.
Diese Predigt wurde auch im Spital Schwyz gehalten. Einleitung zu Beginn:
Liebe Brüder und Schwestern, wenn ich das heutige Evangelium ernst nehme, dann gibt es mir einige Hinweise für meinen Umgang mit Krankheit und Leiden. Und diese stelle ich gerne an den Beginn dieses Gottesdienstes.
• Grundsätzlich wissen wir nicht, warum wir Böses und Krankheit erleben. Jesus warnt davor, dem Kranken, Sterbenden die Schuld dafür zu geben.
• Über Krankheit sollen wir nicht abstrakt und weltfremd diskutieren, sondern differenziert und sehr fallbezogen.
• Heilung geschieht in langsamen Schritten und kann manchmal Jahre dauern, wenn es überhaupt zur Heilung kommt. Der Ausgang unserer Bemühungen kann offen sein.
• Es gibt Menschen mit Fachwissen, die uns beistehen, die uns helfen können und sich für unsere Heilung einsetzen. Auch da wo andere schon den Kopf in den Sand stecken.