Missionskalender 2021 Edito

Liebe Leserinnen und Leser

Vor 100 Jahren sind die ersten Kapuzinerbrüder und Baldeggerschwestern nach Tansania aufgebrochen. Zuerst ging es ihnen um die christliche Glaubensverkündigung und später immer mehr um Lebensgrundlagen: Bildung und Gesundheit. An vielen dieser ursprünglichen Missionsstationen stehen heute Kirchen, Schulen und kleine Spitäler (Dispensaries) nahe beieinander. Oft sucht man vergebens nach Schweizern oder Schweizerinnen vor Ort. Tansanische Brüder, Schwestern, Lehrer und Pflegefachleute führen weiter, was die Missionare und Missionarinnen begonnen haben und bringen Früchte in Tansania.

Weitsichtige Brüder, Schwestern und Laien haben bald einmal gemerkt, dass die Missionen nicht nur Auswirkungen auf Tansania haben, sondern auch auf die Schweiz. Man sammelte nicht mehr nur Geld für die Missionen, sondern erzählte in der Schweiz von den Tansaniern. Die Kapuziner haben diesen entwicklungspolitischen Dialog bei uns vor allem mit der Zeitschrift «ite» vorangetrieben und mit dem Missionskalender den Spender und Spenderinnen gedankt.

Heute spricht man von Entwicklungs-Zusammenarbeit und von Partnerschaft. Es geht um einen kreativen Austausch der Kulturen. Doch soll und darf dabei der geistige und seelsorgerliche Austausch nicht vergessen werden. Es geht nicht nur um Wirtschaft. Wie die ersten Kapuziner, so hat auch dieser Missionskalender die Bibel ins Zentrum gestellt. Sie verbindet heute viele Menschen in Tansania und der Schweizmiteinander.

Die Redaktion hat für 2021 als Leitsatz für den Missionskalender einen Vers aus dem Johannes-Evangelium gewählt: «Ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr hingeht und Frucht bringt und eure Frucht bleibt» (Joh 15,16). Ja, viele Früchte sind heute in Tansania und in der Schweiz zu sehen. Dafür wollen wir Brüder allen Beteiligten herzlich Danke sagen. Nicht alle, aber viele Früchte sind geblieben und heute noch zu geniessen.

Nicht zu vergessen sind die Früchte, die uns die Missionare und später auch die Tansanier selber aus dem Süden in die Schweiz gebracht haben. Als junger Mann, vor meiner ersten Afrikareise nach Ruanda, war ich fasziniert von der «Bantu-Philosophie»; später, in der Theologie, dachte ich über den «Schwarzen Christus» nach. Oder heute in der Fachkommission von «Film für eine Welt» begeistert mich das vielfältige, kritische und kreative Filmschaffen aus dem Süden. Eine echte Bereicherung. Danke! Meine besten Glückwünsche zu diesem hundertjährigen Kulturaustausch und den guten Früchten, die geblieben sind. Weitere, bleibende Früchte wünsche ich mir.

Pace e bene

Adrian Müller

Mächtigen an den Karren fahren

In der heutigen Welt gibt es viele Mächtige und nicht alle von ihnen kann man sich zum Vorbild nehmen. Und das auch in Ländern in denen ich mir anderes wünschen würde. Darum spricht man heute gerne von Narzissmus. Nun, die Bibel nimmt das Thema auf mit David – ja, auch er war nicht nur ein poetischer Musiker und Liederdichter. Ab 2. Samuel 11 ist da einiges zu sehen und zu lernen. Gott schaut genau hin und reagiert dann. Was dabei herauskommt kann man ab dem 16. Oktober bei der Telebibel Zürich hören. Vielleicht eine gute Inspiration für den amerikanischen Wahlkampf?! Aber zuerst einmal für unser Leben, damit Gerechtigkeit und Frieden blühen können.

Optimismus ist eine Lebenskraft

So lese ich bei Dietrich Bonhoeffer; und er spricht mir aus dem Herzen. Optimismus ist nicht nur eine mögliche Lebensperspektive, sondern drückt einen Willen für eine gute und farbige Zukunft aus. Der Optimismus lebt auch von unserem Wissen, dass Gott der Schöpfer ist und dass das Leben in seinen Händen liegt. Menschen sind Mitschöpfende und gerufen sich für das Leben im hier und jetzt einzusetzen. Als Christen und Christinnen tun wir das gewiss bis zum Moment da Jesus Christus wiederkommt. Nun, vielleicht gehen wir dann zusammen weiter und legen auch dann nicht einfach die Hände in den Schoss.

Wenn das Miteinander dem Dialog vorangeht

Die Weltmeisterschaft im Fussball vereint viele Menschen unterschiedlicher Länder vor dem Bildschirm. Doch schon im Alltag kann Fussball Menschen unterschiedlicher Religionen zu einem Team verbinden. Dies zeigt der Film «Pizza Bethlehem» in eindrücklicher Weise.
Adrian Müller in ITE 2020/1

In der ökumenischen Diskussion wird von den kirchlichen Theologen immer wieder betont, dass den dogmatischen Gesprächen Begegnungen vorausgehen müssen. Das gilt im interreligiösen Dialog besonders. Auch für Papst Franziskus ist dieser Zugang bedeutungsvoll. Franziskus, damals noch Jorge Bergoglio, und der Rabbiner Abraham Skorka lernten sich vor mehr als 20 Jahren kennen und tauschten sich zunächst über Fussball aus. Aus Fussballfans wurden mit der Zeit Freunde, die über theologische, politische und Themen des Alltags diskutierten.
Frauen müssen ran
Der Filmemacher Bruno Moll begleitete 15- bis 16-jährige Mädchen aus dem Berner Stadtteil Bethlehem. Das verbindende dieser jungen Frauen ist der Fussball. Gemeinsam trainieren und spielen sie diesen Sport – oft zu Beginn mit Widerstand aus den Familien. Nicht für alle Kulturen ist es von vornherein einsichtig, dass Mädchen Fussball spielen können und dürfen. Vor allem die Väter scheinen mit dem Hobby ihrer Töchter ihre Probleme zu haben.
Junge Frauen müssen lernen, hinzustehen und um den Ball zu kämpfen.
Betrachtet man die Fussballszenen dieses Filmes und die Ansprachen des Trainers in den Pausen, so fällt auf, dass die jungen Frauen lernen müssen, hinzustehen und um den Ball zu kämpfen. Wie auch im Profifussball – die Schweizer Nationalmannschaft scheint dieses Problem zu haben – geht es nicht um das schönere oder bessere Spiel, sondern um Tore. Da muss um Bälle und Chancen gekämpft und gerungen werden.
Alltag teilen
Dem Filmemacher gelingt es einfühlsam und auch erfrischend, Agime, Allessandra, Daria, Elmaze, Natâsa, Rosa, Tiziana und Yolanda im Fussball, beim Shoppen, Plaudern und eben beim Pizzaessen (vgl. den Filmtitel Pizza Bethlehem) zu porträtieren. Da geht es nicht primär um Theologie und hohe kulturelle Auseinandersetzungen, sondern um das Leben junger Frauen. Und trotzdem ist die Religion stets präsent, sei das in der Gestaltung von Zimmern und Wohnungen, sei das im Austausch über Werthaltungen.
Bemerkenswert am Film ist jedoch, dass Religion vorkommen darf und nicht ausgeschlossen wird. Die jungen Frauen erzählen immer wieder von ihrer Religion und ihrem Umfeld. Sie kommentieren, wie Religion auch ihr Leben prägt.
Nicht ohne Gott
In den Kapiteln 11 und 12 von «Pizza Bethlehem» geht es um Religion und Glauben. Hier einige Passagen der jungen Frauen, die vom Berndeutsch ins Hochdeutsche transkribiert wurden (Untertitel im Dokumentarfilm):
«Ich war ein kleines Problemkind. In der ersten Klasse wurde ich gemobbt. Deswegen habe ich am Abend viel gebetet … vor der kleinen Madonina, die wir im Wohnzimmer haben. Ich habe mich hingekniet und darum gebetet, dass alles wieder gut wird. Das hat mir sehr geholfen.»
«Ich bete jede Nacht, auch vor den Spielen. Ich glaube an Gott. Und meine Zukunft… Ich glaube, dass er bestimmt, was mit mir passiert und was nicht. Dank ihm bin ich hier.»
Ich könnte mir nicht vorstellen, ungläubig zu sein. Ich muss an etwas glauben.
«Ich könnte mir nicht vorstellen, ungläubig zu sein. Ich muss an etwas glauben. Wenn ich Angst habe, muss ich beten. Ich kann nicht einfach … Zu wem soll ich sprechen, wenn ich bete. Ich brauche jemanden wie Allah. Ich bete auch viel. Ich kann ein paar Gebete auf Arabisch. Und die bete ich … Ich brauche das einfach. Ich könnte nicht ohne Glauben sein.»
«Ich geh ab und zu in die Kirche, aber ich bin nicht … Ich glaube schon an Gott, aber nicht so fest wie andere. Wenn ich bete, dann weiss ich, dass er mir zuhört und helfen wird. Und dann weiss ich, dass er eigentlich immer bei mir ist.»
«Ich sehe es auch mit dem Hund Speedy, nun, da er blind ist. Ich bete fast jeden Abend … Für ihn und auch für die anderen. Ich denke, es hilft schon, vielleicht nicht immer, aber oftmals. Ich glaube fest daran.»

Zum Film: Pizza Bethlehem – Gelebte Integration | Idee, Buch und Regie: Bruno Moll | Kamera: Ueli Grossenbacher | Produktion: PS Film Zürich, Peter Spierri | Dauer 85 Minuten | 2011 trigon-film, Schweiz.

Agime – «Fussball macht mich immer glücklich»
«Für viele ist Fussball nur Sport. Für mich ist es auch, wenn ich Probleme habe, zum Beispiel mit der Schule und den Bewerbungen … Meine Eltern fragen mich auch, ob ich eine Lehre habe. Es ist stressig, vor allem jetzt in der Neunten. Da tut das Fussballspielen gut, mit der Mannschaft zu sein, sei es im Training, am Match oder in der Freizeit. Fussball macht mich immer glücklich. Auch wenn ich schlecht drauf bin, es macht mich immer glücklich, egal wie das Spiel endet.»