Liebe Leserinnen und Leser
«Macht euch die Erde untertan». Diesen «biblischen» Spruch haben Sie wohl auch schon oft gehört und sich vielleicht darüber ebenso wie ich geärgert. In der letzten Zeit hallt mir noch ein Zitat von Leonardo Boff nach: «Wenn wir uns nicht ändern, werden wir aussterben wie die Dinosaurier.»
Erdgeschichtler zeigen, dass die Auslöschung von Tier- und Pflanzenarten zum natürlichen Prozess der Evolution gehört. Im Verlaufe ihrer Geschichte hat die Erde fünfzehn grosse Vernichtungskatastrophen durchgemacht. Die letzte von ihnen hat den Dinosauriern das Überleben gekostet. Was zum Aussterben der Dinosaurier geführt hat, ist umstritten, bei uns Menschen ist wohl klar, was zu unserer Auslöschung führen könnte.
Selbst die neue Einheitsübersetzung von 2017 übersetzt Genesis 1,28 mit «Seid fruchtbar und mehret euch, füllt die Erde und unterwerft sie euch und herrscht über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die auf der Erde kriechen!» Man könnte wirklich meinen, die Bibel ist ökologisch unsensibel und unterstützt wirtschaftlichen Raubbau. Als dieser Text allerdings geschrieben wurde, gab es noch keinen Kapitalismus, keine Unternehmen, keine global tätigen Firmen und Banken, auch keine Massenvernichtungswaffen, die die Welt mehrmals in die Luft sprengen könnten. Es gab Viehhirten und vielleicht ein paar Könige – die Bibel erzählt in ihren frühen Büchern eher von Nomaden, denn von sesshaften Menschen. Für diese wenigen Menschen gab es unbeschränkt Platz auf Erden, und die Natur konnte sich vom menschlichen Leben und Handeln immer wieder problemlos erholen.
Im hebräischen Originalzitat aus Genesis 1,28 hat das hebräische Verb kabasch die Bedeutung als Kulturland in Besitz nehmen. Das Verb radah meint königlich auftreten. Ein König hat Verantwortung für sein Reich und ist Gott gegenüber verantwortlich für sein Tun. Von dieser Verantwortung handelt ITE 2021/3. Unsere Vision wäre, dass aus unserem Leben und Wirtschaften ein wunderbares Miteinander entstände, dass Leben in Vielfalt und Fülle für Menschen, Tiere und Pflanzen möglich wird; geordnet und abgestimmt, so dass sich Wirtschaft und Natur bildhaft gesprochen den Handschlag der Nachhaltigkeit für das Leben geben.