Geht! Edito ite 2021/

«Geht!» ist in Corona-Zeiten eher Hoffnung als Realität. Lockdown und Homeoffice prägten im letzten Jahr unseren Alltag. Distanz halten und zu Hause bleiben waren empfohlen. Wie konnte ITE nur auf den Titel «Geht» kommen? Das lateinische «ite» heisst in Deutsch «geht» und beschliesst die lateinische Messe: «ite, missa est», das bedeutet vom Spätlateinischen her übersetzt: «Geht, ihr seid gesandt». Gesandt sind wir als Christen und Christinnen, in die Welt zu gehen. Und auch als franziskanische Menschen sind wir immer wieder neu gesendet, um für die Liebe Gottes in Dörfer und Städten Zeugnis zu geben.

Die vierte Nummer dieses Jahres (ite 2021/4) wird 100 Jahre Schweizer Kapuziner in Tansania feiern. Wagemutige Brüder sind 1921 aufgebrochen, haben Missionen aufgebaut und so ihren christlichen und franziskanischen Sendungsauftrag auf afrikanischem Boden gelebt. Doch zuerst wurden franziskanische Menschen in die Schweiz gesandt, um den Boden zu bereiten: «Geht» hiess es auch 1221, vor 800 Jahren, im Süden der Alpen. Damals wurden die ersten Franziskaner über die Alpen nach Nordeuropa geschickt. Ihr Auftrag war – modern ausgedrückt – den «franciscan way of life» im Norden zu leben und zu verbreiten. Schweizer Christen und Christinnen sollte die franziskanische Nachfolge Jesu nahegebracht werden. Dieses franziskanische «Geht» und «Leben» bringen bis heute immer wieder neu vielfältige Frucht. Davon erzählt diese Ite-Nummer.

Jubiläen laden stets wieder ein zu einem kritischen und wohlwollenden Blick in die Vergangenheit, einer offenen Bestandesaufnahme der Gegenwart und dann – wenn die Früchte überzeugen – einem mutigen Gehen in die Zukunft. ite 2021/2 versucht das für das franziskanische Leben im Norden der Alpen, ite 2021/4 für das missionarische Wirken in Tansania. Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wünsche ich spannende Entdeckungen. Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Treue und die Unterstützung im Einsatz für das Reich Gottes.

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Edito zu ITE 5/20

Liebe Leserinnen und Leser

Klosterführungen sind beliebt. Es kommen Schulen, Vereine – etwa als Rahmenprogramm zur Generalversammlung – und auch Private ins Kloster und tauchen in eine ihnen fremde Welt ein. Die Menschen geniessen es, einmal hinter die Klostermauern zu schauen. Was will ich ihnen als Bruder Adrian vermitteln und für ihr Leben mitgeben?

Anfangs erzählte ich viel über Franziskus und seine Brüder, die ersten Kapuziner und ihre Klöster in der Schweiz. Das ist ein historischer Zugang und bald merkte ich, dass dieser zwar interessant ist, mich aber nicht befriedigt. Ich lebe doch nicht Geschichte. Ich bin Teil der Gegenwart. In der zweiten Phase legte ich mehr Wert auf die franziskanische Spiritualität und die fünf Säulen, wie sie der Kapuzinerorden am Plenarrat in Garibaldi 1986 formuliert hat. Dieser Zugang ist aktuell, bleibt aber im Theoretischen haften. Das Herz wird nicht warm.

Gegenwärtiges Kapuzinerleben ist in der Schweiz und gewiss in Nordeuropa «suchend». Das Alte wird verabschiedet und das Neue ist noch nicht sichtbar. Und nur von Aufbrüchen und Absichten mag ich nicht erzählen. Da bin ich zu praktisch und zu wenig spekulativ veranlagt. An der Zukunft arbeite ich gerne mit, aber Glaubwürdigkeit und konkretes Tun sind mir wichtiger.

Tue etwas Gutes und erzähle davon, das ist ein medialer Grundsatz: Dies ist die Absicht dieses Heftes wie auch meiner Klosterführungen. Dabei ermöglicht diese ite-Ausgabe andere Weisen der Kommunikation, als eine Klosterführung dies tut. Die Führung lebt vor allem von Räumen. Ite 2020/5 von Brüdern und ihrem Leben. Ihre Erfahrungen sollen die Schweizer Kapuzinergeschichte des 20. Jahrhunderts etwas sichtbar machen.

Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wünsche ich bei der Lektüre Freude und auch immer wieder ein Aha-Erlebnis.

Pace e bene

Adrian Müller Vgl. Homepage ITE

„Mir ist gegeben“

Edito 2020/4. Ich empfinde mich als spiritueller Mensch. Und das wurde mir wohl schon als Kind eingepflanzt. Mein reformierter Fünftklasslehrer sagte meiner Mutter: Adrian wird ein Pfarrer werden. Nun – Pfarrer wurde ich nicht, aber Kapuziner und begeisterter Theologe. Und noch heute werde ich in der Auseinandersetzung mit Franz von Assisi, Jesus von Nazareth und theologischen Fragen heiss.

Solche Themen sprechen mich an und betreffen mich persönlich sehr. Religiöses Fragen und Suchen ist mir auf den Weg gegeben worden. Wie weit es mir – quasi natürlich – in die Wiege gelegt wurde oder wie weit ich durch Eltern und den Tod von mir lieben Menschen geprägt worden bin, wäre eine noch zu vertiefende Frage.

Ja, vieles wurde mir auf den Lebensweg mitgegeben. Gewisse Dinge nehme ich vielleicht nicht einmal besonders wahr. Ich bin Schweizer und habe nichts dafür getan. Ich bin Mann, Christ, Katholik, usw. Andererseits verdanke ich meinen Mitbrüdern Kapuzinern eine lange und umfassende Ausbildung. Für dieses grossartige Geschenk danke ich von Herzen! In dieser ite-Ausgabe mit dem Titel «Mir ist gegeben» denken und spüren wir aus unterschiedlichen Perspektiven diesem «Gegeben-Sein» nach.

Wir sehen, dass Jesus von Nazareth von Gaben spricht, die uns gegeben sind, um am Reich Gottes mitzubauen. Franz von Assisi macht die Erfahrung, dass er nicht alleine auf dem Weg ist, sondern dass Gott ihm Brüder auf den Weg gegeben hat. Heute ist es sicher von Bedeutung, dass den Jugendlichen Bildung mit auf den Weg gegeben wird. Vor allem von älteren Frauen höre ich sagen, dass ihnen – da Frauen im Laufe ihres Lebensplanes ja sowie so heiraten werden – Bildung vorenthalten wurde. Zum Glück haben da die Schwestern von Ingenbohl, Menzingen, Baldegg und das Seraphische Liebeswerk Solothurn schon früh dagegengehalten!

Heute ist es nicht mehr die Frage nach der Bildung an sich, sondern das «Wie» der Gestaltung von Bildung, die in der Schweiz zu intensiven Diskussionen führt. Ach ja, erst mit dem Erarbeiten dieser Heftnummer lernte ich, dass Lehrplan 21 nichts mit dem 21. Jahrhundert zu tun hat, sondern lediglich aussagt, dass sich 21 Kantone an diesem Lehrplan orientieren.

Liebe Leserinnen und Leser, ich wünsche Ihnen viel Freude an dieser Nummer und hoffentlich auch ein Staunen über das, was Ihnen fürs Leben mitgegeben wurde. Und nicht zuletzt, eine Dankbarkeit, die das Herz warm werden und glücklich sein lässt.

Pace e bene

Adrian Müller

Missionskalender 2021 Edito

Liebe Leserinnen und Leser

Vor 100 Jahren sind die ersten Kapuzinerbrüder und Baldeggerschwestern nach Tansania aufgebrochen. Zuerst ging es ihnen um die christliche Glaubensverkündigung und später immer mehr um Lebensgrundlagen: Bildung und Gesundheit. An vielen dieser ursprünglichen Missionsstationen stehen heute Kirchen, Schulen und kleine Spitäler (Dispensaries) nahe beieinander. Oft sucht man vergebens nach Schweizern oder Schweizerinnen vor Ort. Tansanische Brüder, Schwestern, Lehrer und Pflegefachleute führen weiter, was die Missionare und Missionarinnen begonnen haben und bringen Früchte in Tansania.

Weitsichtige Brüder, Schwestern und Laien haben bald einmal gemerkt, dass die Missionen nicht nur Auswirkungen auf Tansania haben, sondern auch auf die Schweiz. Man sammelte nicht mehr nur Geld für die Missionen, sondern erzählte in der Schweiz von den Tansaniern. Die Kapuziner haben diesen entwicklungspolitischen Dialog bei uns vor allem mit der Zeitschrift «ite» vorangetrieben und mit dem Missionskalender den Spender und Spenderinnen gedankt.

Heute spricht man von Entwicklungs-Zusammenarbeit und von Partnerschaft. Es geht um einen kreativen Austausch der Kulturen. Doch soll und darf dabei der geistige und seelsorgerliche Austausch nicht vergessen werden. Es geht nicht nur um Wirtschaft. Wie die ersten Kapuziner, so hat auch dieser Missionskalender die Bibel ins Zentrum gestellt. Sie verbindet heute viele Menschen in Tansania und der Schweizmiteinander.

Die Redaktion hat für 2021 als Leitsatz für den Missionskalender einen Vers aus dem Johannes-Evangelium gewählt: «Ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr hingeht und Frucht bringt und eure Frucht bleibt» (Joh 15,16). Ja, viele Früchte sind heute in Tansania und in der Schweiz zu sehen. Dafür wollen wir Brüder allen Beteiligten herzlich Danke sagen. Nicht alle, aber viele Früchte sind geblieben und heute noch zu geniessen.

Nicht zu vergessen sind die Früchte, die uns die Missionare und später auch die Tansanier selber aus dem Süden in die Schweiz gebracht haben. Als junger Mann, vor meiner ersten Afrikareise nach Ruanda, war ich fasziniert von der «Bantu-Philosophie»; später, in der Theologie, dachte ich über den «Schwarzen Christus» nach. Oder heute in der Fachkommission von «Film für eine Welt» begeistert mich das vielfältige, kritische und kreative Filmschaffen aus dem Süden. Eine echte Bereicherung. Danke! Meine besten Glückwünsche zu diesem hundertjährigen Kulturaustausch und den guten Früchten, die geblieben sind. Weitere, bleibende Früchte wünsche ich mir.

Pace e bene

Adrian Müller

Taktwechsel

«ProMusikante – die etwas andere Musikschule für Erwachsene», lese ich auf der Homepage. Da fühle ich mich als Nachbar und Kapuziner sehr angesprochen. Nicht primär Leistung und Perfektion steht im Zentrum, sondern die Freude am gemeinsamen Musizieren und Tun. Auch sind nicht begabte und verheissungsvolle Jungtalente am Anfang ihrer Karriere gesucht, sondern ältere Menschen – 50plus steht im Untertitel – die positiv ausgedrückt auf ein schönes und erfülltes Leben zurückschauen können.

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ite: Körper und Religion

Edito: Liebend gerne lasse ich mich im Wasser die Aare hinuntertreiben und fühle mich getragen. An einem Fronleichnamsgottesdienst wurde diese Erfahrung aufgegriffen. Die Predigerin erzählte, dass für sie das Bild vom «Getragen sein im Wasser» gleichzusetzen sei mit dem Getragen sein von Gott. Umso mehr geniesse ich heute solche Wassermeditationen, sie sind Ausdruck meiner Gottesbeziehung.

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Herausforderungen für CH-Katholizismus

«Unser Pfarreirat ist wie die Schweizer Nationalelf!» Das sagte mir die kolumbianische Aktuarin des Rapperswiler Pfarreirates, als ich mit den Beteiligten über den Inhalt dieser ite-Ausgabe sprach. Ja, was wäre die Schweizer Fussballnationalmannschaft ohne all die ausgezeichneten Spieler mit Migrationshintergrund? Wie heissen doch all die herausragenden Torschützen?

Es stimmt: Auch in der römisch-katholischen Schweiz haben mehr als die Hälfte des Volkes Gottes einen Migrationshintergrund. Und wenn ich an den Einsatz von Priestern, Pastoralassistentinnen usw. mit Migrationshintergrund denke, dann bin ich ihnen sehr dankbar. Dankbar für den Einsatz und das Leben, das sie in meine, in unsere Schweizer Kirche bringen.

Ich weiss jedoch, dass solche Entwicklungen auch Veränderungen mit sich bringen, die mir persönlich vielleicht etwas weniger passen. Wenn es um die Ordination von Frauen geht oder um verheiratete Pfarrerinnen, dann empfinde ich Menschen aus anderen Kulturen manchmal als weniger aufgeschlossen. Wie steht es nun mit den Schweizer Landeskirchen und ihren demokratischen Strukturen? Menschen aus fremden Kulturen haben oft einen anderen Zugang zur Hierarchie als wir Schweizer und Schweizerinnen.

Gut, ich weiss, es gibt auch schöne Seiten, die dank Menschen aus fremden Ländern in unserer Kirche wie auch in unserer Kultur Eingang gefunden haben. Da darf man sich nicht auf die Schattenseiten fixieren. Und nicht zuletzt: Wir alle sind zusammen auf dem Weg, in steter Veränderung zu Gott hin. Das Reich Gottes ist uns von Jesus her versprochen, ob ich nun Schweizer, Peruanerin, Kroatin, Deutscher, Inder oder … bin. Wir haben ein gemeinsames Ziel. Lassen wir uns vom Geist Gottes in Liebe dahin führen!

Edito von Ite 2018/3