In diesen Tagen wird bei uns im Kloster der Ablauf des Essens wenig verändert. Kaum zu glauben, wie viel Unsicherheit (als organisatorische Frage) wie auch Verunsicherung (auf Gefühlsebene) damit ausgelöst wurde. Ich gehe im Moment auf Nadeln. Und ich befürchte, dass selbst das Zurück zur alten Ordnung wiederum Unsicherheit und viel Verunsicherung auslösen würde. Trotzdem hoffe ich, dass das Essen bei uns bald «frisch in Form» daherkommt und alle – inklusive ich – wieder entspannt essen und geniessen können. Ähnliches könnte ich von der neuen Telefonanlage oder vom WLAN erzählen. Neuerungen fordern heraus.
In jüngeren Jahren hätte ich wohl Jesus von Nazareth zitiert: «Neuer Wein gehört in neue Schläuche.» Mag sein. Aber im Alltag und in der Religion scheint mir das nicht der geeignete Weg zu sein. Ich bin Christ und möchte nicht unbedingt eine neue Religion gründen. Ich bin aber bereit, die vorgefundene Religion wieder «frisch in Form» zu bringen. Dabei ist die zweitausendjährige Geschichte meiner Religion eine gute Lehrmeisterin für deren Erneuerung.
Im 12. Jahrhundert, zur Zeit von Klara und Franz von Assisi, wurde wieder deutlich, dass Jesus Christus nicht «nur» Weltenherrscher, sondern echt Mensch wurde, in der Krippe in Fleisch geboren und am Kreuz gestorben. Und Bruder Klaus hat im 15. Jahrhundert gezeigt, dass Religion dem Leben und dem Frieden dienen muss. Die Reformatoren im 16. Jahrhundert und das Zweite Vatikanische Konzil im 20. Jahrhundert entdeckten das Wort Gottes neu − sowie mit der Volkssprache die Tatsache, dass Religion für alle Menschen und nicht nur für wenige Spezialisten Bedeutung hat.
Auch heute erleben Menschen, Kirchen und Religionen Gott wieder neu und müssen so ihren Glauben, ihre Praxis und ihre Organisationsformen kritisch überdenken und «frisch in Form» bringen. Man kann glücklicherweise oft auch feststellen, dass sich frühere Zankäpfel heute erübrigen und alte Fehden inhaltlos geworden sind. Innerhalb der unterschiedlichen christlichen Kirche bemüht sich die Ökumene um Versöhnung unter Kirchen und um gemeinsames Erneuern des Christentums.
Pace e bene
Adrian Müller, Redaktor
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