Nähe zu Gott

ITE 2024/2; Einleitungsartikel: Es gibt heilige Berge …, aber auch heilige Schluchten und Höhlen. Und je nach Lebenserfahrung und -situation fühlt ein Mensch hier oder dort die Nähe zu Gott, zum Absoluten, zur Macht, zum Geheimnis des Lebens, usw. Davon erzählen religiöse Geschichten und Theologen. Humanistische Psychologen erforschen «Gipfelerfahrungen» (peak experiences) und stellen fest, dass vor allem junge Erwachsene davon geprägt werden, aber nicht nur.

«Auf der Alp fühle ich eine ganz besondere Nähe zu Gott», formuliert eine Mitfeiernde an einem Alpgottesdienst. Dabei ist es ihr wichtig, den anstrengenden Weg unter die Füsse genommen, geschwitzt und gekeucht zu haben. Erst so kann sie bei Gott richtig ankommen. Und dann die Weite, die Natur, die Stimmung, … «Oft fehlt mir die Sprache, aber mein Herz singt.»

Berge mit vielen Gesichtern

Ein anderer Gottesdienstteilnehmer erzählt, dass er regelmässig in die Berge beten, vor allem danken gehe. Als Jugendlicher sei er allein mit einem Stück Brot, einer Cervelat und einer Flasche Wasser in die Berge gegangen und habe nach Gott gesucht, geschrien. Fast verzweifelt sei er über Felsen gestiegen und habe sich auch verstiegen. Neue Wege gesucht. Oben auf dem Grat sei er einer Herde Schafe begegnet. Die Hirtenhunde seien knurrend vor die Schafe gestanden und so habe er gefährlich um die Herde herumklettern müssen. Angst und Verzweiflung waren mit ihm – und eine immense Sehnsucht.

Ganz verdattert habe er später sein Brot gegessen und realisiert, dass er keine Streichhölzer fürs Anfeuern dabei hatte. Und eine Cervelat sollte doch gebrätelt werden – das wäre schön. So habe er sich in schlechter Laune an den Abstieg gemacht und fand unerwartet zu einer verlassenen Feuerstelle, die noch leicht glimmte. Kein Mensch weit und breit. Sorgfältig befreite er die Glut, bliess sachte, konnte mit viel Geschick wieder ein Feuer entfachen, die Cervelat grillen, geniessen, Gott loben. Welch ein Fest! Und da erwachte in ihm die innere Gewissheit, Gott ist mit ihm, auch wo es im Leben rau, feindlich und herausfordernd werden kann. Diese Erfahrung begleitet ihn bis ins Alter – und immer wieder geht er in die Berge und dankt Gott für diese Lebens- und Seins-Gewissheit.

Visionen-Suche

Die halbsesshaften Pawnee-Indianer in Nordamerika betrieben Feldbau entlang der Prärie und ergänzten ihre Küche durch saisonale Jagd. Vor allem der Bison wurde gejagt. Wichtig war es diesen Indianern, zum Herzen der Erde zu finden. Heranwachsende Menschen gingen auf Visionen-Suche. Sie lebten allein in der Natur, bis ein Traumgesicht oder eine spezielle Naturerfahrung ihnen Antworten und Gewissheiten schenkte. Ein Lied erzählt vom «Herzen der Erde finden»:

Erst wenn ein Mensch viele Flüsse durchwatet, zahlreiche Berge bestiegen, ungezählte Nächte allein unter den Sternen geschlafen, sich von Kräutern, Samen und Wurzeln ernährt und bei Mondlicht im Fluss gebadet hat, kann er ans Herz der Erde finden und dort ruhen.

Dort werden ihm die inneren Augen aufgehen: Visionen und Träume zeigen ihm die Anhöhe, von der er den Morgenstern singen hören kann. Es ist das sanfte Lied eines Sterns, dessen Kraft so feinfühlig ist für die Harmonie der Welt wie ein Spinnennetz für den Wind.

Diversität in der Begegnung

Franz von Assisi zog sich bei seiner Gottsuche oft in Wälder, in Höhlen, auf Hügel zurück. Und da flehte er Gott um Nähe, Erleuchtung und Weisung an. Er fand immer wieder Antworten auf seine Lebensfragen und auf seine Gottsuche. Mit der Zeit wurde aus dem Waldsuchenden ein wandernder Nachfolger Jesu. Bruder Klaus scheint den Weg konträr gegangen zu sein. Bei seiner Gottsuche machte Klaus sich zuerst auf Wanderschaft und zog sich erst nach prägenden Erfahrungen in den Ranft zurück, um da in der Gegenwart Gottes zu verweilen.

Auch heutige Zeitgenossen verweilen gerne im Wald oder in den Bergen, um da zuerst einmal Kraft und Energie für ihr Leben zu schöpfen. Und manchmal finden sie dort ihre Nähe zu Gott, eine Lebensgewissheit, die trägt, Mut macht und Freude bereitet. Und manchmal ist es einfach eine tiefe Ahnung oder ein tragendes Vertrauen ins Leben. Oft fehlen dabei die Worte, um solche Erfahrungen zu benennen und wirklich zu verstehen. Auch sind die Erzählungen vielfältig und so unterschiedlich, wie die Menschen selber sind.

Gipfelerlebnisse

Der US-amerikanische Psychologe Abraham H. Maslow führte den Begriff «Peak Experiences» in die humanistische Psychologie ein. Seine Untersuchungen zeigen, dass die meisten (oder gar alle?) Menschen Gipfelerlebnisse in ihrem Leben machen: Momente tiefer Verbundenheit, von unbedingter Zugehörigkeit, der Aufhebung allen Getrenntseins, des Einsseins mit der Welt, tiefsten Glücks. Diese Erfahrungen sind vielfältig wie die Menschen, die sie erleben. Sie können therapeutisch wirksam werden, den freien Willen und Selbstbestimmtheit fördern.

Von Maslow ist vor allem die Bedürfnispyramide bekannt:
1. Psychologische Bedürfnisse
2. Sicherheitsbedürfnisse
3. Soziale Bedürfnisse
4. Individualbedürfnisse
5. Selbstverwirklichung.

Die oben thematisierten Gipfelerlebnisse können unter Selbstverwirklichung (Stufe 5) eingeordnet werden. Diese Stufe 5 hat im Verlauf der Jahre unterschiedliche Bezeichnungen erhalten: In seiner späteren Forschung assoziierte Abraham H. Maslow die Stufe mit dem Bedürfnis nach Selbstüberschreitung, nach Transzendenz.

Psychologische Erforschung

Ich möchte aus einem Vortrag von ihm (Vgl. Doubraw 2021) zitieren: «Als ich die Psychologie der Gesundheit zu erforschen begann, nahm ich die besten, gesündesten Menschen, die besten Exemplare der Menschheit, die ich finden konnte, und studierte sie, um zu sehen, was sie auszeichne. Sie waren sehr anders, in gewisser Weise verwirrend anders als der Durchschnitt.» Maslow fand heraus, «dass diese Menschen dazu tendierten, von mystischen Erfahrungen zu berichten, von Augenblicken grosser Ehrfurcht, Augenblicken des intensivsten Glücks oder sogar der Verzückung, Ekstase oder Glückseligkeit». Und weiter: «Diese Augenblicke waren das reine, das positive Glück. Alle Zweifel, alle Ängste, alle Hemmungen, alle Spannungen, alle Schwächen wurden zurückgelassen.»

«Gipfelerlebnisse können als wahrhaft religiöse Erfahrungen im … universellsten und humanistischsten Sinne des Wortes gelten.»

Maslow war überzeugt: «Sie (Gipfelerlebnisse – Red.) können wissenschaftlich untersucht werden. (Ich habe begonnen, dies zu tun.) Sie befinden sich innerhalb der Reichweite des menschlichen Wissens, sind keine ewigen Geheimnisse. Sie befinden sich in der Welt, nicht ausserhalb der Welt. Nicht bloss Priester machen sie, sondern die ganze Menschheit.» … «Gipfelerlebnisse können als wahrhaft religiöse Erfahrungen im besten und tiefsten, universellsten und humanistischsten Sinne des Wortes gelten.»

Oft unbewusste Erfahrung

Die nächste grosse Lektion, die Maslow gelernt hatte, war, «dass Gipfelerlebnisse weitaus häufiger vorkommen, als ich jemals erwartet hatte: Sie waren nicht auf gesunde Menschen beschränkt. Diese Gipfelerlebnisse hatten auch durchschnittliche und sogar psychisch kranke Menschen. In der Tat vermute ich jetzt, dass sie bei praktisch allen auftreten, allerdings unerkannt oder nicht als das genommen, was sie sind».

Der Psychologie war überrascht: «Praktisch jeder berichtet von Gipfelerlebnissen, wenn er auf sie angesprochen und befragt und in der richtigen Weise ermutigt wird.» … «Gipfelerlebnisse sprudeln aus vielen, vielen Quellen und jede Art Mensch kann sie haben. Meine Liste von Quellen wird immer länger, je mehr ich mich mit diesen Forschungen beschäftige.»

Literaturangabe: Erhard Doubraw (Hrsg.), Verbunden trotz Abstand, Von Gipfelerlebnissen und mystischen Erfahrungen. Beiträge von Abraham H. Maslow und David Steindl-Rast, Books on Demand, 2021.

Geläutert und gestärkt

Predigt vom 18. Februar 2024; Gen 9,8-15; Mk 1,12-15

Wir erleben Überschwemmungen, Zunamis und wir erfahren Wüsten, Verödung. Die Erfahrungen des Noah und des Jesus von Nazareth lassen uns wissen, dass Gott sowohl während der Überschwemmung wie auch in der Wüste gegenwärtig war. Weder die Wasserwüste noch die Sandwüste sind gottlos. Gott ist mit Menschen und Tieren, auch in Extremsituationen. Auch sind sie nicht End-, sondern Übergangs-Situationen.

Die beiden heutigen Tages-Texte stehen am Beginn, am Beginn des Alten Testaments sowie am Beginn des Markus-Evangeliums. Sie thematisieren einen Neubeginn. Nach der Geschichte der Sintflut beginnen Mensch und Tiere die Erde neu zu bevölkern. Nach der Wüstenerfahrung wird der vermutlich dreissigjährige, frisch von Johannes getaufte Jesus mit seinem Wirken beginnen und einen Neuanfang setzen.

Interessanterweise kennt nicht nur das Alte Testament, sondern auch die Erdgeschichte schon Massensterben auf der Erde. Oft werden in der Wissenschaft deren fünf genannt. Da wird beispielsweise über das Aussterben der Dinosaurier gerätselt und es gibt mehrere Erklärungs-Modelle dafür. Ein Beispiel:

«Vor 66 Millionen Jahren schlug im Golf von Mexiko, nahe der heutigen Ortschaft Chicxulub Pueblo, ein Asteroid mit rund zehn Kilometer Durchmesser ein. Der Treffer löste wohl augenblicklich kilometerhohe Tsunamis aus, die ganze Kontinente unter sich begruben. Verheerende Brände folgten, Rauch und Staub verdunkelten über Monate den Himmel. Infolgedessen starben etliche Tiere aus, darunter die Dinosaurier und Ammoniten, die rund 190 beziehungsweise 340 Millionen Jahre lang die Erde bevölkert hatten.» (https://www.spektrum.de/magazin/erdgeschichte-nach-dem-weltuntergang/1875796)

Wie bei der Noah-Geschichte starben bei diesem Massensterben nicht alle Lebewesen aus. So wird beispielsweise heute vermutet, dass das Huhn in seiner genetischen Entwicklung ein überlebender Dinosaurier sei. Doch ich will hier nicht naturwissenschaftliche Fragen und Theorien weiterbehandeln – auch wenn ich sie höchst spannende finde –, sondern zu unseren beiden biblischen Texten zurückkehren.

Die Noah-Geschichte im Buch Genesis erzählt vermutlich von einer lokalen Sintflut und nicht von einem erdgeschichtlichen Massensterben. Doch geht es der Erzählung von Noah nicht um naturwissenschaftliche Beschreibungen, sondern um die religiöse Erfahrung eines Unterganges und eines Neuanfanges mit Gott. Es soll im Buch Genesis besseres Leben entstehen und Gott formuliert einen Bund mit Menschen und Tieren: «Nie wieder sollen alle Wesen vom Wasser der Flut ausgerottet werden; nie wieder soll eine Flut kommen und die Erde verderben.» (Gen 9,11) Gott tut hier seine Lebens-Bejahung wie seine Selbst-Beschränkung kund. Er will nicht mehr zerstörerisch auftreten; keine Wasserflut mehr verantworten.

Das Markus-Evangelium nennt den Inhalt der Versuchungen nicht, die Jesus durchlaufen hat. Wichtiger scheint dem Evangelisten die Hilfe, die Jesus in der Wüste erfahren hat: Wilde Tiere sind anwesend (auch der Genesis-Text spricht zwei Mal von wilden Tieren und nicht von Haustieren) und Engel dienten ihm. Weder Noah noch Jesus sind allein im Leben. Spannend finde ich, dass in beiden Geschichten die Tiere eine wichtige Bedeutung haben. Nein, Mensch, du bist nicht allein auf Erden. Das wäre wohl ein guter Startpunkt, um unser Verhältnis mit Tieren genauer zu betrachten. Selbst wilde Tiere sind in den beiden Erzählungen Begleiter des Menschen und auch mit Gott auf dem Weg. Das kann auch für uns Bedeutung haben …

Liebe Christen und Christinnen

Heute ist der erste Fastensonntag. Die biblischen Texte stellen weder Verzicht noch Fasten ins Zentrum. Auch halten sie sich nicht lange mit dem Untergang oder mit der Moral auf. Sie erzählen uns einen von Gott gegeben – nicht menschengemachten – Neuanfang. Sei das als Bund bei Noah; sei das mit der Verkündigung von Gottes guter Nachricht durch Jesus von Nazareth: «Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!» (Mk 1,15).

Neu-Ausrichtung auf Gott, einen guten Neu-Anfang des Lebens und den Glauben an die gute Botschaft Gottes wünsche ich uns für diese Fastenzeit. Und vielleicht dürfen wir in diesen Tagen erleben, wie Kriege ein Ende finden, wie persönlicher Streit gelöst wird – wie sich einiges zum Guten wendet. Darin scheint mir Gott mit uns auf dem Weg zu sein, wenn ich den Erfahrungen eines Noahs oder eines Jesus von Nazareth vertrauen darf.

Neu-Ausrichtung auf Gott, einen guten Neu-Anfang des Lebens und den Glauben an die gute Botschaft Gottes – eben, geläutert und gestärkt in eine neue Zukunft. Amen.

Vom Glauben erzählen

Predigt zum Welttag der sozialen Kommunikationsmittel

Für heutige Christen und Christinnen ist ein Buch, nämlich die Bibel mit dem Alten und Neuen Testament für den Glauben sehr wichtig. Dem war nicht immer so. Das Christentum ist heute eine sogenannt sekundäre Buchreligion. Unser heiliges Buch, die Bibel, wurde von vielen Menschen – von Gott inspiriert – aufgeschrieben. Doch ist nicht Gott selbst der Schreiberling, sondern Menschen sind mit ihren Glaubens-Erfahrungen die Autoren der Bibel. Bei primären Buchreligionen wäre die Heilige Schrift von Gott selbst aufgeschrieben worden.

Jesus von Nazareth kannte noch kein heiliges Buch, geschweige denn eine Bibel. Auch seine Jünger nicht. In der Synagoge wurde aus Rollen vorgelesen, vor allem die fünf Mose-Rollen sowie einige Rollen mit Prophetenbücher waren damals in der Synagoge von grosser Bedeutung. In den Evangelien wird uns ein Jesus gezeigt, der mit Menschen diskutiert und von seiner engen Beziehung mit Gott erzählt. «Denn die Worte, die du mir gabst, habe ich ihnen gegeben und sie haben sie angenommen», so hörten wir im Tages-Evangelium (Joh. 17,8). Jesus von Nazareth kommunizierte vor allem mit Worten sowie Taten und zitierte ab und zu ein Wort aus den Schriften, Rollen. Dabei scheinen es zumeist nicht langweilige Monologe gewesen zu sein, sondern oft heisse Diskussionen, Streitgespräche. Und nicht zu vergessen sind Jesu Taten, Hungrige speisen, Kranke heilen, Sünden vergeben, usw… Davon haben sich die Menschen erzählt.

Die Urgemeinde, wie wir sie in der Apostelgeschichte hörten, verharrte einmütig im Gebet (Apg. 1,14) und erinnerte sich an den verstorbenen und in ihrem Glauben auferstandenen Jesus Christus. Bücher kannten sie keine, schon gar nicht eine Bibel, wie christliche Kirchen sie heute hochhalten. Die Urchristen lebten Bibel-los. Mit der Zeit gab es Briefe zu lesen, die von Paulus und Co. geschrieben wurden. Später Evangelien usw. Noch später wurde kanonisiert.

Interessanterweise lebten die Christen und Christinnen im Mittelalter lange ziemlich Buch- und Bibel-los. Ja, bis ins 12. Jh. war es Laien verboten in der Bibel zu lesen. Zur Zeit eines Franz von Assisi, im 13. Jahrhundert, kostete eine damals noch handgeschriebene Bibel gleich viel wie ein Landwesen eines Adligen und selbst Klöster hatten nicht für jeden Mönch eine Bibel, wenn überhaupt. Alle nicht steinreichen Menschen sowie so nicht.

Apostel und Menschen des Mittelalters haben sich an Jesus von Nazareth erinnert und erzählt, Bilder betrachtet, selten gelesen. Zur Zeit eines Franz von Assisi wurden im Gottesdienst Bibelstellen vorgelesen, doch hatten Pfarrer kaum vollständige, handgeschriebene Bibelausgaben. Das wäre zu teuer gewesen. Erst mit dem Buchdruck konnten Bücher gedruckt werden. Normale Menschen lernten jedoch oft erst im 19. Jahrhundert lesen.

Nachdem im letzten Jahrhundert Radio und Fernsehen unsere Kultur sehr geprägt haben, hat sich nach 2007 mit dem Beginn des Smartphone Zeitalters einiges geändert. Radio und Fernsehen sind lineare Medien. Einer oder wenige erreichen mit ihre Botschaft viele Menschen, die nicht antworten können. Im Smartphone Zeitalter ist Interaktion zwischen vielen Menschen möglich. In Chatgruppen kann diskutiert und kommentiert werden. Einige haben mehr Erfolg gehört zu werden, andere weniger. Die soziale Kommunikation, wie man das heute nennt, kennt viele Wege und viele Arten von Kommunikation, auch von Glaubenskommunikation. Und auch die Kirchen, Kirchgemeinden und einzelne Gläubige sind aktiv und versuchen sich Gehör zu verschaffen im Markt der Religionen.

Oft wird auf religiösen Plattformen der sozialen Kommunikationsmittel an Jesus von Nazareth und an die Urchristen erinnert. Die religiöse Erfahrung der Menschen und nicht Geschriebenes, Bibel oder Dogmen stehen im Zentrum dieser Kommunikation. Christliche Influencer und Influencerinnen erzählen von ihrem Leben, ihrer Gottesbeziehung und ihrem Handeln. «Gott hat in meinem Leben gewirkt, und wie!» das scheint mir oft deren Credo. Für Kirchen gibt das einerseits Chancen, andererseits werden sie für ihre menschlichen und institutionellen Versagen auch an den Pranger gestellt. Denn auch Übergriffe werden ungefiltert und ungeschönt erzählt und kommentiert.

Erfolg ist in den sozialen Kommunikationsmittel weniger planbar und für Kirchen auch herausfordernd. Ein theologisches Diplom oder eine kirchliche Beauftragung bedeutet noch keine Breitenwirkung in den sozialen Medien. Denn die ZuhörerInnen oder der Markt der Aufmerksamkeit entscheiden über Erfolg und Misserfolg in der Verkündigung. Wirst du gepostet, gelikt oder eben nicht.

Und in all dem ermutigen mich das heutige Tagesevangelium und die Lesung. So oder so geht es zuerst nicht um Medien und Kommunikationsmittel. Zuinnerst meint Glauben eine echte und tragende Gottesbeziehung sowie das Gebet; manchmal alleine, manchmal in Gemeinschaft. Und diese Erfahrungen können kommuniziert werden. Sei das in Worten, Schriften, sozialen Kommunikationsmitteln und vor allem in Taten.

Im Zentrum stehen Menschen und deren religiösen Erfahrungen. Zuvorderst einmal ein Jesus von Nazareth, dann viele Menschen, die glaubhaft von ihrem Glauben Zeugnis geben. Und das lieber in Taten, denn in vielen Worten. Aber eben, auch Jesus von Nazareth hat in seiner Welt durch Heilungen, Vergebungen, Versöhnungen und spannende Geschichten / Gleichnisse gepunktet. Damals und heute wird vor allem über gute und religiös motivierte Taten erzählt, sei das mündlich in der Familie, am Arbeitsplatz oder eben in den sozialen Medien. Und auch kirchlich-religiöse Menschen haben das begriffen, auch Papst Franziskus oder Bischof Joseph von Chur. Zuerst geht es einmal um gute Taten, Nächstenliebe – dies auch für eine zerbeulte Kirche.

Amen.