Predigt zu Taufe des Herrn; Apg 10,34-38; Lk 3,15-16.21-22
Eine erste Erfahrung: Letzten November reiste ich ins Kapuziner-Kloster Meran in die Ferien. Im Bus ab Mals setzte sich eine Jesus begeisterte Frau neben mich. Sie besucht wöchentlich eine Christengemeinde und kam schnell auf ihre Geisttaufe zu sprechen. Sie weiss genau, wann und wo sie vom Heiligen Geist getauft wurde, und seither ist sie Christin. Natürlich wollte sie auch von mir wissen, wann und wo ich vom Heiligen Geist getauft worden sei. Darauf habe ich leider keine genaue Antwort. Ich wurde als Säugling getauft und kann mich nicht an meine Taufe erinnern. Meine Eltern tauften mich – und ich bin ihnen heute dankbar für diese Entscheidung. Mit Worten, Wasser und Taufhandlung wurde ich getauft. Natürlich würde ich vermuten, dass der Heilige Geist auch dabei war.
Eine zweite Erfahrung: Letze Woche hörte ich einen Podcast über eine Online-Kirche. Alles geschieht bei ihr online, im Internet. Da gibt es Pfarrer und Pfarrerinnen, die betreiben Seelsorge wie auch die Sakramente im Netz. Auf der Homepage kann man Porträts dieser Pfarrer:innen sehen und einen dazugehörenden Avatar. Auch der Täufling muss sich im virtuellen Raum einen Avatar aussuchen und nach entsprechender Online-Taufkatechese gibt es eine Online-Taufe. Der Journalist fragte natürlich, ob eine solche Taufe theologisch überhaupt möglich sei? «Natürlich,» war die Antwort. «Der Heilige Geist kann wirken, wo er will, auch in einem Online-Room; auch im World Wide Web!» Er weht, wo er will.
Im heutigen Tagesevangelium sagt Johannes der Täufer: «Ich taufe euch mit Wasser. Es kommt aber einer, der stärker ist als ich, … Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.» Und später erzählt dieses Tagesevangelium wie der Heilige Geist auf Jesus herabkam. Jesus bekam nach dem Lukasevangelium eine Wassertaufe, den Heiligen Geist und ein Wort Gottes zugesagt: «Du bist mein geliebter Sohn.» Interessanterweise spricht Petrus in der heutigen Tageslesung der Apostelgeschichte, nicht von Jesu Taufe, sondern: «wie Gott Jesus von Nazaret gesalbt hat mit dem Heiligen Geist und mit Kraft, …»
Für viele christliche Kirchen und Christ:innen heute ist klar, dass man durch die Taufe Christ wird. Ein kleiner Blick in die Religionen: Im Islam wird man ein Gläubiger, indem man die erste Sure (Al-Fatiha – Die Eröffnende) betet und das Gesagte auch entsprechend bekennt. Grundsätzlich wird ein Kind einer jüdischen Mutter jüdisch. Es gibt Möglichkeiten der Konversion zum Judentum.
Aber wie steht es nun mit der Taufe und deren gegenseitigen Anerkennung unter den unterschiedlichen Konfessionen? Wichtig ist mir persönlich die gegenseitige Anerkennung der Taufe von mehreren Kirchen. Zu nennen sind vor allem die Lima-Erklärung (Peru) von 1982 oder die Magdeburger-Erklärung von 2007. In der Magdeburger-Erklärung steht:
Jesus Christus ist unser Heil. Durch ihn hat Gott die Gottesferne des Sünders überwunden (Römer 5,10), um uns zu Söhnen und Töchtern Gottes zu machen. Als Teilhabe am Geheimnis von Christi Tod und Auferstehung bedeutet die Taufe Neugeburt in Jesus Christus. Wer dieses Sakrament empfängt und im Glauben Gottes Liebe bejaht, wird mit Christus und zugleich mit seinem Volk aller Zeiten und Orte vereint. Als ein Zeichen der Einheit aller Christen verbindet die Taufe mit Jesus Christus, dem Fundament dieser Einheit. Trotz Unterschieden im Verständnis von Kirche besteht zwischen uns ein Grundeinverständnis über die Taufe.
Deshalb erkennen wir jede nach dem Auftrag Jesu im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes mit der Zeichenhandlung des Untertauchens im Wasser bzw. des Übergießens mit Wasser vollzogene Taufe an und freuen uns über jeden Menschen, der getauft wird. Diese wechselseitige Anerkennung der Taufe ist Ausdruck des in Jesus Christus gründenden Bandes der Einheit (Epheser 4,4–6). Die so vollzogene Taufe ist einmalig und unwiederholbar.
…
Dem Text dieser Vereinbarung stimmten zu:
• Römisch-katholische Kirche im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz
• Evangelische Kirche in Deutschland
• Orthodoxe Kirche in Deutschland
• Evangelisch-methodistische Kirche
• Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche
• Armenisch-Apostolische Orthodoxe Kirche in Deutschland
• Katholisches Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland
• Äthiopisch-Orthodoxe Kirche in Deutschland
• Evangelisch-altreformierte Kirche in Niedersachsen
• Evangelische Brüder-Unität – Herrnhuter Brüdergemeinde
• Arbeitsgemeinschaft Anglikanisch-Episkopaler Gemeinden in Deutschland
Liebe getaufte Christen und Christinnen, das war nun die kirchen-theologische Sicht auf Taufe und Christsein. Ich selber will niemandem das Christsein absprechen. Und so, wenn mir jemand sagt, er oder sie sei Christ:in, dann ist dem für mich so.
Die Taufe – auch meine eigene Taufe als Säugling – halte ich hoch und sehe darin vor allem die Aufnahme in die Gemeinschaft der römisch-katholische Kirche, verbunden mit anderen Kirchen. Für mein Christsein, vielleicht besser für meine Jesusnachfolge bemühe ich mich jeden Tag wieder neu.
Meine eigene Taufe sagt mir vor allem, dass Gott und meine Familie ja gesagt haben zu mir. Und das ist schön. Und als gefirmter Christ ist mir dabei wichtig, meinen Glauben verantwortungsbewusst zu leben und stets offen für neue göttliche Initiativen zu bleiben.